50 Milliarden Euro für den Glasfaserausbau

Recht auf schnelles Internet: Laut Telekommunikationsgesetz muss jeder deutsche Haushalt über genug Bandbreite verfügen, damit beispielsweise Homeoffice möglich ist. Foto: Adobe Stock/Karsten

In diesem Jahr soll sich einiges bewegen beim Breitbandausbau: Die neue Bundesregierung plant die flächendeckende Versorgung mit FFTH. Welchen Beitrag können Kommunen dabei leisten? Zum Beispiel Genehmigungen schneller erteilen, sagt Sven Knapp vom Branchenverband Breko.

Das neue Jahr beginnt mit viel Rückenwind für den Glasfaserausbau. Sowohl aus der aktuellen Marktdynamik als auch aus den in den letzten Monaten geschaffenen regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen lassen sich viele positive Signale ableiten. Nachdem in den vergangenen Monaten viele finanzstarke Investoren den Glasfaserausbau in Deutschland als nachhaltiges und lohnendes Geschäftsfeld für sich entdeckt haben, stehen in den nächsten Jahren Investitionen in Höhe von knapp 50 Milliarden Euro bereit.

Insbesondere im eigenwirtschaftlichen Ausbau ist die Dynamik mittlerweile so ausgeprägt, dass das vielfach als „Kupfernation“ gescholtene Deutschland im europäischen Vergleich deutlich aufholt. Dieses Momentum gilt es 2022 weiter zu stärken und in den Folgejahren fortzusetzen. Auch die Kommunen können einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie Bürger und Unternehmen über die Vorteile zukunftssicherer Glasfaseranschlüsse informieren und die Genehmigungen für den Ausbau möglichst schnell erteilen.

Als Teil des neuen Telekommunikationsgesetzes ist am 1. Dezember 2021 ein innovatives Instrument zur Beschleunigung des Glasfaserausbaus bis in die Wohnungen (FTTH) in Kraft getreten: Das neue „Glasfaserbereitstellungsentgelt“. Dieses erleichtert den Telekommunikationsunternehmen und der Wohnungswirtschaft die Finanzierung der Gebäudeverkabelung in Mietshäusern und ermöglicht die Umsetzung aus einer Hand, gemeinsam mit dem Anschluss des Gebäudes. Die Umlagemöglichkeit der Kosten für die hausinternen Glasfasernetze ist ein wichtiger Anreiz, um auch Mietwohnungen in kommunaler Hand flächendeckend mit FTTH-Anschlüssen zu versorgen.

Eine weitere gesetzliche Neuregelung muss erst noch ausgestaltet werden: Bis Juni 2022 will die Bundesnetzagentur in einer Rechtsverordnung festlegen, welche technischen Rahmenbedingungen eine Internetverbindung einhalten muss, um das „Recht auf schnelles Internet“ zu erfüllen. Laut Telekommunikationsgesetz muss jeder Haushalt grundlegende Internetanwendungen wie Online-Banking oder Video-Streaming nutzen können. Die Bundesnetzagentur wird dafür die technischen Anforderungen definieren – im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), Bundestag und Bundesrat.

Bundesmittel gegen weiße Flecken

Für eine möglichst schnelle Sicherstellung der digitalen Teilhabe ist es entscheidend, dass diese Anforderungen auch über satelliten- oder mobilfunkbasierte Internetverbindungen erfüllt werden. Würden diese ausgeschlossen, müssten schlimmstenfalls Planungs- und Tiefbauressourcen aus dem laufenden Glasfaserausbau abgezogen und zur Erfüllung dieses Rechts eingesetzt werden. Dadurch würden der effizientere eigenwirtschaftliche Glasfaserausbau ausgebremst und bestehende Förderprogramme torpediert. Diese Mindestanforderungen dürfen also nicht als Zielmarke der Internetversorgung missverstanden werden – sie definieren das Minimum.

Die „Ampel“-Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag ein klares Glasfaserziel formuliert: Deutschland soll flächendeckend mit echten Glasfasernetzen (FTTH) versorgt werden. Ebenfalls positiv zu bewerten sind die Bündelung der digitalpolitischen Kompetenzen im BMDV und das Ziel, die Genehmigungsverfahren im Glasfaserausbau weiter zu beschleunigen. Letzteres gelingt jedoch nur, wenn die Regierung eng mit Ländern und Kommunen zusammenarbeitet, um die Antrags- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und damit zu verkürzen. Einheitliche Standards können hier ein entscheidender Hebel sein.

Mit der Neuausrichtung der öffentlichen Glasfaserförderung muss die neue Bundesregierung in den nächsten Monaten eine wichtige Weichenstellung vornehmen. Der boomende eigenwirtschaftliche Ausbau sollte weiterhin Vorrang genießen, öffentliche Mittel sollen insbesondere für die Erschließung „weißer Flecken“ eingesetzt werden. Dies ist ein positives Signal an alle Unternehmen, die in den Glasfaserausbau investieren.

Fachkräfte für Glasfaserausbau

Wenn die neue Bundesregierung staatliche Fördermaßnahmen zielgerichtet nur dort einsetzt, wo auch künftig kein Potential für einen marktgetriebenen Ausbau besteht, kann der Glasfaserausbau weiter beschleunigt werden. Die ebenfalls im Koalitionsvertrag vorgesehene Idee, diese Gebiete über eine „Potenzialanalyse“ zu ermitteln, ist ein sinnvoller Vorschlag. Auch die im Koalitionsvertrag angedachten Glasfasergutscheine sind bei sinnvoller Ausgestaltung ein vielversprechendes Werkzeug, um die Förderung bedarfsgerecht auszubauen.

Eine langfristige Herausforderung bleibt der akute Fachkräftemangel in den Bereichen Genehmigungsverfahren, Bauplanung, Tiefbau und Gebäudeverkabelung. Um diesem zu begegnen, hat der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) Anfang 2020 gemeinsam mit Unternehmen und Organisationen der Glasfaserbranche die „Initiative Fachkräfte für den Glasfaserausbau“ ins Leben gerufen. Das BMDV ist zwar an dieser Initiative beteiligt. Eine proaktivere Rolle der Bundesregierung in der Aus- und Weiterbildung sowie der Gewinnung in- und ausländischer Fachkräfte für diese Berufsfelder wäre jedoch sehr wichtig.

In den Pandemiejahren ist auch das Material knapp geworden: Der die gesamte IT-Branche belastende Chipmangel schlägt sich beim Glasfaserausbau vor allem im Routermangel nieder. Die Initiative von Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck, wieder mehr Halbleiterproduktion in Deutschland anzusiedeln, ist begrüßenswert. Sie kann die Marktsituation aber nur begrenzt und langfristig entspannen. Kurzfristig sollten die bestehenden Lieferketten diversifiziert und resilienter gestaltet werden. Weniger im Blick der öffentlichen Diskussion ist die ebenfalls den Glasfaserausbau erschwerende Materialknappheit bei Kabelschutzrohren und Kunststoff. Die neue Bundesregierung muss jetzt möglichst schnell die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, um die aktuelle Dynamik des Glasfaserausbaus zu erhalten und das Tempo weiter zu steigern.

Autor: Sven Knapp ist Leiter des Hauptstadtbüros des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (BREKO) in Berlin.