Vorbereitet auf die Flut

Ein Bild aus früheren Dresdner Hochwassertagen: Ereignisse, die dazu geführt haben, dass heute eine interaktive Gefahrenkarte den Kommunen zur Verfügung steht. Foto: Adobe Stock/siwi1

Aus den Erfahrungen des Hochwassers 2002 wurde der Hochwassernachrichtendienst in Sachsen grundlegend überarbeitet und zentralisiert. Uwe Müller und Kristina Rieth erzählen, wie der Freistaat Sachsen Kommunen und Bürger auf den Klimawandel einstellt.

In Sachsen wurde das Landeshochwasserzentrum (LHWZ) errichtet. Alle Hochwassermeldungen in Sachsen werden seit 2004 nach dem Single-Voice-Prinzip zentral vom LHWZ versandt. Zeichnet sich infolge bereits gefallener oder vorhergesagter Niederschläge eine Hochwassergefährdung ab, werden direkt alle sächsischen Kommunen, Katastrophenschutzbehörden, Leitstellen und andere informiert.

Hochwasserfrühwarnung

Das LHWZ bietet seit 2018 eine Frühwarnung an. Durch die kombinierte Bewertung von Gebietseigenschaften, hydrologischen Vorbedingungen, Niederschlagsdaten sowie meteorologischen Vorhersagen wird stündlich die Hochwassergefährdung in kleinen Einzugsgebieten bis 200 Quadratkilometer für die kommenden 24 Stunden dargestellt. Es handelt sich dabei um die Abschätzung einer regionalen Hochwassergefährdung, die mittels einer fünfteiligen Skala in „geringe“ bis „sehr hohe“ Gefährdung unterteilt wird.

Im Projekt HoWa-innovativ (Hochwasserfrühwarnung für kleine Einzugsgebiete mit innovativen Methoden der Niederschlagsmessung und –vorhersage) ist eine räumlich präzisere Vorhersage von Hochwasser unter Nutzung innovativer Niederschlagsmess- und Vorhersageverfahren erarbeitet worden. Durch die neuartige Kombination von Radardaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit Niederschlagsinformationen von kommerziellen Richtfunkstrecken wird die Genauigkeit erhöht. Es werden zuverlässigere Warnungen für die Katastrophenabwehr speziell in kleinen Einzugsgebieten ermöglicht, und das bestehende Frühwarnsystem in Sachsen wird ausgebaut.

Interaktive Gefahrenkarte für kommunalen Hochwasserschutz „INGE“

Damit Kommunen im Hochwasserfall schnell agieren können, sind vorbereitete Alarm- und Einsatzpläne sowie eine Übersicht über betroffene Einrichtungen erforderlich; ebenso aktuelle Listen von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern. Um diese Aktivitäten zu unterstützen, ist im Rahmen von mehreren EU-Projekten im Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) eine „Interaktive Gefahrenkarte für den kommunalen Hochwasserschutz“ entwickelt worden: INGE.

Diese Gefahrenkarte visualisiert den Alarm- und Einsatzplan örtlicher Behörden und Einsatzleitungen. Damit ist INGE ein hilfreiches Instrument für Entscheidungen bei der Planung, Durchführung und Nachbearbeitung der Katastrophenabwehr. INGE ist einfach zu bedienen und kann kostenfrei genutzt werden. In strukturierten Übersichten werden alle wichtigen Informationen kompakt dargestellt.

Da INGE zeit- und ortsunabhängig verfügbar ist und keine Onlineverbindung benötigt, ist sie auch für den mobilen Einsatz geeignet. Entsprechend dem individuellen Bedarf der Gemeinde können mit dieser Software Daten eingepflegt und wieder abgerufen werden. Somit unterstützt INGE die Kommune durch:

  • Gefährdungsanalysen und Risikoabschätzungen,
  • Protokollierung von Maßnahmen,
  • Verwaltung von Zuständigkeiten und Ansprechpartnern,
  • Einbindung von Fotos, Dokumenten, Karten, Pegel- und Geodaten,
  • Datenexport über Schnittstelle oder als PDF-Dokument.

Private Eigenvorsorge mit „FLOOD.BI“

Das sächsische Tool FLOOD.Bi stellt Informationen zu Hochwassergefahren bereit, zu potenziellen Gebäudeschäden sowie zur Identifikation geeigneter Maßnahmen, um Schaden an Wohngebäuden zu mindern. Zielgruppen des Tools sind Grundstückseigentümer, Fachplaner und Architekten: Sie sollen einen ersten Überblick zur Wirkung verschiedener Vorsorgeoptionen erhalten und Hochwasserschäden wirkungsvoll vermindern oder vermeiden können.

Das Tool versteht sich als Vorstufe des Sächsischen Hochwasservorsorgeausweises, ein Gutachten zur Bewertung der Schadensanfälligkeit von Gebäuden gegenüber Überflutung, das ausgebildete Sachkundige ausstellen können.

Starkregen mit „RAINMAN“ und Toolbox für Gemeinden

Im Zuge des Klimawandels ist damit zu rechnen, dass Starkregenereignisse häufiger auftreten und an Intensität zunehmen. Diesen Herausforderungen kann durch ein integriertes Starkregenrisikomanagement begegnet werden. Im Projekt RAINMAN wurde eine Toolbox entwickelt: Sie richtet sich in erster Linie an Gemeinden, damit sie die passenden Vorsorgemaßnahmen gegenüber Starkregen oder Hochwasser treffen können. RAINMAN enthält:

  • Bewertungs- und Kartierungswerkzeuge für Starkregenrisiken,
  • Ansatzpunkte für risikomindernde Maßnahmen, Warnung und Krisenmanagement,
  • Empfehlungen für Hochwasserrisikomanagementpläne,
  • Werkzeuge zur Sensibilisierung und Akteursbeteiligung,
  • Katalog guter Praxisbeispiele

Zudem finden Bürgerinnen und Bürger Broschüren sowie Checklisten zum Herunterladen: So können sie herausfinden, ob das eigene Zuhause gefährdet ist und sie einen persönlichen Notfallplan erstellen können, um sich und andere zu schützen und im Notfall richtig zu reagieren.

Hochwasser Online

Landeshochwasserzentrum Sachsen: hwww.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/lhwz/index.html

Datenportal IDA: umwelt.sachsen.de/datenportal-ida-4626.html

Mit Hilfe von RAINMAN sollen Kommunen die passenden Vorsorgemaßnahmen gegen Starkregen oder Hochwasser treffen können: rainman-toolbox.eu/de/

Das Tool FLOOD.Bi dient insbesondere der privaten Vorsorge: umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/ida/;jsessionid=079CAF 1D2218DCF677B6A913951099C5

Uwe Müller, Kristina Rieth


Die Autoren

Dr.-Ing. habil. Uwe Müller leitet die Abteilung Wasser, Boden, Kreislaufwirtschaft im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Dipl.-Ing. Kristina Rieth leitet das Landeshochwasserzentrum Sachsen.