Unterstützung bei der kommunalen Energiewende

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist dringlicher denn je – eine der entscheidenden Herausforderungen ist aber nach wie vor die Umsetzung vor Ort. Foto: Adobe Stock/epixproductions

Klimawandel und erneuerbare Energien: Allein mit diesen Themen sind Städte und Gemeinden enorm gefordert. Welche Unterstützung sie brauchen, streichen die Kommunalexperten Dieter Behrendt und Matthias Günther heraus.

Die rund 10.000 Gemeinden in Deutschland stehen aktuell vor enormen Heraus-forderungen, auch wenn die natürlich nicht zuletzt von der Größe der Gemeinde abhängig sind – die Einwohnerzahlen reichen von unter 100 bis 3,6 Millionen in Berlin.

Die aktuelle Situation ist bekannt: Der Koalitionsvertrag 2021 und insbesondere der Russland-Ukraine-Krieg führen zu einer Höhergewichtung der Energieversorgung und zum Druck, beinahe Zwang, den Bestand an Erneuerbare-Energien-Anlagen in der Gemeinde deutlich zu erhöhen und den Energieverbrauch zu senken. Die Gemeinden sollen demnach auf ihren Liegenschaften vermehrt solche Anlagen installieren und die Liegenschaften klimafit sanieren.

Das Gleiche gilt für Bürger und Unternehmen. Die Gemeinden sind also in einer Doppelfunktion: investieren sowie andere Akteure sensibilisieren und motivieren. Darüber hinaus stehen Anpassungen an die zukünftigen Folgen des unvermeidbaren Klima-wandels an. Diese Anpassungen und die Energiewende sind aktuell die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Nachhaltigkeit.

Angespannte finanzielle Lage der Kommunen

Viele Gemeinden sind hier bereits unterwegs, teilweise schon seit mehr als 20 Jahren – aber es sind immer noch zu wenige. Das liegt zum einen an der Motivation: Sie ist immer noch zu sehr abhängig vom Engagement der Entscheider und damit von deren individueller Motivation. Zum anderen bremst zum Teil die Finanzlage in den Gemeinden: Hier findet sich die ganze Bandbreite von hochverschuldet bis gute Rücklagen.

Vor allem Gemeinden in strukturell benachteiligten Gebieten mit bereits länger anhaltenden Einwohnerverlusten weisen Verschuldungsgrade auf, die sie aus eigener Kraft kaum abbauen können – und durch die wiederum Investitionen verhindert werden. Zudem fehlen bereits heute vor allem technische und kaufmännische Fachkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher – und der demographische Wandel macht sich bemerkbar: Noch etliche Jahre wird die Zahl an Menschen ansteigen, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden – ohne einen entsprechenden Ausgleich aus der jüngeren Bevölkerung.

Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Kassen der Gemeinden, denn die Verkehrswende steht vielfach erst am Anfang, und die steigenden Brandschutz-anforderungen, die Sanierung der Abwasseranlagen fordern Investitionen (hier wird von einem Investitionsstau im zweistelligen Milliardenbereich gesprochen): Die längst bekannte Liste ist leider lang. Die Folge: Die Kassenlage vieler Gemeinden führt bezogen auf die Energiewende zu einem „bei uns geht es nicht“ oder zu einer Auslagerung der Investitionen in kommunale Energieversorgungsunternehmen, die zum Teil für diesen Zweck gegründet werden, selbst in kleinen Gemeinden. Aber das ist noch zu selten.

Gemeinsam anpacken

Es sind demnach nicht nur die Gemeinden gefordert, wenn die Energieversorgung langfristig gesichert werden soll:

  • Die Kommunalaufsicht ist angesprochen, mehr Flexibilität für die Genehmigung von Investitionen in erneuerbare Energien durch Gemeinden oder deren Unternehmen aufzubringen sowie den Kreditrahmen der Gemeinden und der kommunalen Unternehmen auszuweiten.
  • Die Länder sind angesprochen, regionale Energieagenturen einzurichten nach dem Vorbild Baden-Württembergs, die nicht nur beraten, sondern vor allem die (zu) komplizierte Antragstellung und Abrechnung von Fördermitteln übernehmen, um das kommunale Personal zu entlasten.
  • Der Bund und auch die EU sind angesprochen, die Fördermittel für die Energie-wende in den Kommunen zu erhöhen und die übergeordnete Infrastruktur zügig aufzubauen, damit die Energiewende auch durch die Kommunen überhaupt möglich erscheint.

Stichwörter sind die Schaffung der Rahmenbedingungen für den Ausbau regenerativer Energieerzeugungsanlagen inklusive Speicher. Die Forderungen sind seit langem bekannt. Auch wenn viele Menschen der Meinung sind, dass schon viel geschehen ist, erfordert die aktuelle Lage ein Durchstarten auf allen Ebenen.

Die Initiative „Fridays for Future“ hat viel Engagement bei den gemeindlichen Entscheidern hervorgerufen oder es verstärkt: Sie konnten im Gemeinderat auf die jungen Leute verweisen, die vor der Tür standen und Klimaschutz forderten.

Inzwischen stehen alle vor der Tür und fordern die Energiewende – wenn auch nicht aus Klimaschutzgründen, sondern wegen der Versorgungssicherheit. Um die aktuellen Herausforderungen zu meistern, brauchen die Gemeinden Unterstützung von allen übergeordneten Ebenen. Dieter Behrendt und Matthias Günther

Die Autoren: Dieter Behrendt ist im Pestel-Institut als Wirtschaftsgeograph mit den Themen Szenarienbildung (zum Beispiel zur Entwicklung ländlicher Räume) und Evaluation (zum Beispiel von Energieagenturen) befasst. Matthias Günter bearbeitet vor allem die Themen Demographie und Wohnungsmärkte.