Privatunternehmen sind nicht die Preistreiber

Die Häfte der Wasserversorger wird mit Beteiligung von Privatunternehmen geführt. Es gibt aber laut einer aktuellen Studie keinen Beleg dafür, dass dadurch die Preise gestiegen wären. Die entsprechende Untersuchung will die Debatte über die Aufgabenerfüllung in der Daseinsvorsorge versachlichen.

In der Kommunalwirtschaft waren die vergangenen Jahrzehnte von der Verlagerung von Leistungen und Aufgaben aus der öffentlichen in die private Verantwortung gekennzeichnet. Prozesse der Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung wurden in der Daseinsvorsorge vielfach vollzogen und schlugen sich auch in der deutschen Trinkwasserversorgung nieder.

Seit einigen Jahren zeichnet sich jedoch eine gewisse Tendenz zu einer stärkeren Rekommunalisierung ab. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Grundsätzlich gilt, dass private Unternehmen nicht nach dem Bedarfsdeckungsprinzip wirtschaften, sondern weniger öffentlich bestimmte Sachziele als vielmehr Gewinnerzielungsabsichten verfolgen. Diese Kosteneffizienzziele in ein qualitativ und/oder quantitativ höherwertiges Angebot zu überführen, konnte nicht in jedem Privatisierungsvorhaben realisiert werden.

Kommunen hingegen werden ebenfalls nicht nur aus Gründen der Daseinsvorsorge, sondern auch durch Gewinnerzielungsabsicht im Kontext fiskalisch angespannter Lage aktiv (Stichwort Querverbund), ihre (ehemaligen) Infrastrukturen und Assets zurückzukaufen oder Bereiche neu zu gründen. Bei der Erfüllung öffentlich determinierter Aufgaben kann es bei öffentlichen Unternehmen in privater Rechtsform durchaus zu einer Diskrepanz zwischen gemeinwohl- und erwerbswirtschaftlichen Unternehmenszielen kommen.

Natürliches Monopol

Im Bereich der Trinkwasserversorgung gelten besondere Voraussetzungen: Die technischen Konstellationen im Wassermarkt (Netzinfrastruktur mit hohen Markteintrittsbarrieren) lassen ein natürliches Monopol entstehen, das in Deutschland verfassungsrechtlich abgeleiteten Ansprüchen unterliegt. Zu nennen sind eine sichere, qualitativ angemessene und flächendeckende Trinkwasserversorgung (Art. 20 Abs. 1 GG), sozial vertretbare Preise (Art. 20 Abs. 1 GG) sowie qualitative Schutzpflichten des Gutes Wasser (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG).

Diese besondere staatliche Verantwortung manifestiert sich in umfangreichen rechtlichen Vorgaben (u. a. hinsichtlich hygienischer, ökologischer und technischer Mindeststandards) und intensiver behördlicher Aufsicht. Charakteristisch für die deutsche Wasserwirtschaft ist auch die kleinteilige Versorgungsstruktur: Die amtliche Statistik weist für das Bundesgebiet im Jahr 2013 fast 6000 Wasserversorgungsunternehmen aus. Der Grundgedanke, dass öffentliche Einrichtungen im Gegensatz zu privaten bedarfswirtschaftlich agieren können, hat dabei zu einem hohen Anteil an öffentlicher Leistungserstellung und einer bewusst angelegten staatsmonopolistischen Eigentümerstruktur des deutschen Wassermarktes geführt.

Allerdings standen und stehen öffentliche Einrichtungen immer wieder in der Kritik. Missmanagement, Ressourcenverschwendung, aber auch den politischen Einflussmöglichkeiten geschuldete Patronagepolitik und Privilegien wurden dabei insbesondere bei Einrichtungen in öffentlich-rechtlichen Rechtsformen identifiziert. In der Folge wurden von öffentlicher Seite verstärkt privatrechtliche Organisationsformen genutzt und häufig formale Privatisierungsprozesse in Kapitalgesellschaften durchgeführt. Dabei ist der Anteil privatrechtlich geführter Unternehmen von 22 Prozent im Jahr 1993 auf 35 Prozent im Jahr 2012 gestiegen, von denen 20 Prozent als gemischtwirtschaftliche Unternehmen (GWU) geführt werden.

Im Hinblick darauf wurden in einer Studie des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge an der Universität Leipzig die Wasserversorger in den 100 größten Städten Deutschlands untersucht. Das Ziel bestand darin, zu erheben, inwiefern die Gesellschafterstruktur – folglich der öffentliche sowie private Einfluss – die Preisentwicklung berührt. 49 Wasserversorger befinden sich in vollständig öffentlicher Eigentümerschaft. Von den 51 übrigen ist nur eines in 100 Prozent privatwirtschaftlichem Eigentum, die übrigen 50 sind GWU und weisen somit teilprivatisierte Strukturen (vorrangig mit Minderheitsbeteiligungen unter 50 % der privaten Seite) auf. Die Untersuchung lief in sieben Jahresscheiben von 2009 bis 2015.

Diskussion fokussiert auf Negativbeispiele

Die Diskussion über ökonomische Auswirkungen von Privatisierungs- und andererseits Rekommunalisierungsvorhaben konzentriert sich vielfach auf den Vergleich mehr oder weniger repräsentativer Beispiele (Berlin, Rostock und andere). Vor diesem Hintergrund bleibt aber strittig, inwiefern private Anteilseigner zu einer effizienteren und effektiveren Leistungserbringung oder aber zu steigenden Preisen beitragen.

Im Zeitverlauf der Jahre 2009 bis 2015 weist der Preis für Trinkwasser eine geringe Dynamik auf. Der Mittelwert je Kubikmeter für Privatabnehmer belief sich 2015 auf 1,84 Euro. Seit 2009 ergibt sich eine jahresdurchschnittliche Steigerung des mittleren Preises von lediglich 0,45 Prozent. Bezogen auf die im Panel höchsten und niedrigsten Preise sind kaum nennenswerte Veränderungen festzustellen. Dennoch bestehen erhebliche Varianzen in den Wasserpreisen, die bei sonst gleichen Untersuchungsbedingungen auch mit den Eigentümerstrukturen der GWU zusammenhängen können.

Die Studie zeigt, dass kein wesentlicher Zusammenhang zwischen privaten Beteiligungen und der Entwicklung der variablen Wasserpreise sowohl auf der örtlichen als auch der zeitlichen Dimension besteht. Ein Einfluss der privatwirtschaftlichen Beteiligung auf die Gestaltung der Wasserpreise konnte nicht bestätigt werden.

Oliver Rottmann / Tim Starke

Die Autoren
Dr. Oliver Rottmann ist Geschäftsführender Vorstand des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge an der Universität Leipzig,
Tim Starke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Öffentliche Finanzen und Public Management der Universität Leipzig