Um das Hochgeschwindigkeitsinternet zu ermöglichen, müssen Materialen produziert und Baustellen betrieben werden. Ein nachhaltiger Breitbandausbau, für den Wolfram Rinner auf diesem Weg plädiert, kann zum Beispiel durch neue Baustellenkonzepte gelingen. Ein Pilotprojekt wird demnächst in Essen starten.

In der Telekommunikationsbranche ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensstrategie. Netzanbieter und Infrastrukturlieferanten, die Netze ausbauen, haben auch hier Handlungsbedarf. Eine Antwort auf diese Herausforderung ist eine CO2-neutrale Baustelle: Es geht darum, Erfahrungen in der Praxis zu sammeln und zu bewerten, wie sich die einzelnen Maßnahmen auf die positive Emissionsbilanz im Breitbandausbau auswirken.
Differenzierung der Treibhausgasemissionen
Wo entstehen Treibhausgasemissionen, und wie kann entgegengewirkt werden? Das Greenhouse Gas (GHG) Protocol differenziert die Treibhausgasemissionen in drei Stufen (Scope 1-3), die an der Erzeugerquelle orientiert sind. So können sie beispielhaft für die Telekommunikationsbranche gemäß dem GHG-Protokoll eingeordnet werden:
- Zu Scope 1 zählen die Emissionen, die durch Netzersatzanlagen, Dienstfahrzeuge und Leckagen der Klimageräte an Technik- sowie Bürostandorten entstehen.
- Unter Scope 2 fallen eingekaufte und genutzte Elektrizität. Bei Fernwärme geht es um indirekt verursachte Emissionen. Zum THG-Berichtszeitraum für das Jahr 2022 entfiel für Gasline der überwiegende Teil der Emissionen in Bezug auf Scope 2 auf bezogene Fernwärme für den Bürostandort in Essen. Durch die Umstellung auf Ökostrom konnten die Emissionen erheblich reduziert werden.
- Scope 3 beinhaltet die durch die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette verursachten Treibhausgaseffekte beim Breitbandausbau. Hier liegt das wesentliche Potenzial zur Einsparung von CO2-Emissionen in der Branche.
In der IKT-Branche ergeben sich Umweltauswirkungen also vor allem in Scope 3. Die Emissionen sind auf die Tätigkeit und das Wirken des Unternehmens bezogen, stammen jedoch aus Quellen, die Unternehmen nicht direkt zuzurechnen sind, sondern ihren Auftragnehmern. Kontrollmöglichkeit und Einflussnahme bestehen, da ein Unternehmen den Lieferanten und Dienstleistern klare Vorgaben machen kann, um nachhaltiges Wirtschaften stringent einzufordern. Ein Beispiel ist die Gewinnung und Produktion eingekaufter Materialien. Im Netzausbau werden Schutzrohre, Glasfaserkabel und andere Materialien verwendet.
Der Netzausbau ist das Kerngeschäft eines Netzinfrastrukturanbieters. Daher ist der Bausektor ebenso für einen Anteil an CO2-Emissionen verantwortlich. Der Ressourcenverbrauch beim Breitbandausbau ist erheblich. Ziel ist, möglichst viele CO2-Emissionen zu kompensieren oder im Ansatz zu vermeiden. Ein wichtiger Aspekt gemäß Scope 3 ist der Verzicht auf dieselbetriebene Maschinen.
Nachhaltiger Breitbandausbau
Den Start der ersten CO2-neutralen Baustelle plant Gasline für Ende März 2025. Dieser Prototyp einer Baustelle – mit der neuen Konzeption für nachhaltigen Breitbandausbau – wird im nordrhein-westfälischen Essen sein. Die für den Tiefbau eingesetzten Geräte werden elektrisch betrieben.
Für die Baustelle wird ein Container mit einem großen Akku zentral platziert, um die Baumaschinen und Fahrzeuge zu laden. Dieser Container kann bedarfskonform mit dem geografischen Bauverlauf versetzt werden. Ziel ist es, eine CO2-neutrale Baustelle umzusetzen und zu testen.
Des Weiteren gibt es Überlegungen, die Baustelle nicht nur CO2-neutral, sondern langfristig klimapositiv zu gestalten. Hierbei handelt es sich um ein Projekt von rund fünf Jahren. Hauptziel ist es, nachhaltige Praktiken, innovative Technologien und CO2-speichernde Materialien in die Baustelleninfrastruktur zu integrieren. Die wesentlichen Ziele dieser Strategie: CO2-Neutralität, Ressourcenschonung, Energieeffizienz und Abfallvermeidung.
Die Weiterverwendung des Aushubs ist für die Zukunft weiterhin geplant. Der Aushub besteht aus Erde, größeren Steinen und Geröll. Bisher wird in der Branche beim Breitbandausbau üblicherweise Sand beigemischt. Im Rahmen des Nachhaltigkeitskonzeptes soll Sand durch Biokohle ersetzt werden. Sand hat einen negativen CO2-Effekt, Biokohle hingegen nicht.
Wenn das Konzept erfolgreich wird, kann eine Baustelle perspektivisch sogar als CO2-positiv taxiert werden, denn Biokohle ist eine natürliche Substanz, die CO2 speichert. Diese Ansätze tragen dazu bei, negative Auswirkungen der tradierten Bauprozesse zu kompensieren.
Mehr Austausch über Klimaeffizienz
Die Verantwortung für die Umwelt verteilt sich in der Wirtschaft auf viele Branchen. Nachhaltigkeit ist ein anhaltender Prozess. Immer wieder gilt es zu hinterfragen, wo und wie der CO2-Ausstoß reduziert werden kann.
Ein Austausch über Best Practice-Erfahrungen innerhalb der TK-Branche ist zielführend, um im Breitbandausbau möglichst klimaeffizient zu werden. Wenn positive Erfahrungen und messbare Ergebnisse veröffentlicht werden und auch Kommunen zukommen, die Netze bauen, trägt das dazu bei, Synergien im Sinne der Nachhaltigkeit und gemeinsamen Umweltverantwortung schaffen zu können. Hier geht es nicht um Wettbewerb.
Wolfgang Rinner
Der Autor
Wolfram Rinner ist Geschäftsführer bei der Gasline GmbH & Co. KG.