Keine Nachzahlung erforderlich

Das Bundesverwaltungsgericht gibt die Missbilligungsgrenze bei der Bewertung von Ablösungsverträgen auf. (BVerwG vom 21. Januar 2015 – AZ 9 C 1.14 bis 9 C 5.14)

Ein Ablösungsvertrag gemäß des Baugesetzbuches (§ 133 Abs. 3 Satz 2 und 5 BauGB) schließt beträchtliche Risiken ein, insbesondere die Gefahr einer Abweichung des tatsächlichen Erschließungsbeitrags von der festgeschriebenen Ablösungssumme. Die Realisierung eines solchen ablösungstypischen Risikos allein lässt daher die Wirksamkeit des Vertrags unberührt. Eine absolute, von der Ursache des Auseinanderfallens von Ablösungsbetrag und Erschließungsbeitrag unabhängige, allein an die Höhe der Differenz anknüpfende Grenze ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Diese Grenze lässt sich auch nicht mit dem „Wesen“ des Ablösungsbetrags als „vorgezogener“ Erschließungsbeitrag und der Einbettung des Ablösungsvertrags in das Regelungssystem des gesetzlichen Erschließungsbeitragsrechts begründen. Die Grenze, bis zu der ein Auseinanderfallen von Ablösungsbetrag und Erschließungsbeitrag hinzunehmen ist, bestimmt sich vielmehr im Einzelfall nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Abzuwägen sind alle im Zusammenhang mit Ablösungsverträgen sich ergebenden Umstände und gegenläufigen Interessen.

Im konkreten Fall wandte ein Kläger sich gegen die Heranziehung zu (weiteren) Erschließungsbeiträgen für die Herstellung einer Straße, nachdem er mit der beklagten Kommune einen Ablösungsvertrag geschlossen und den danach auf ihn entfallenden Erschließungsbeitrag bereits entrichtet hatte. Das Gericht gab der Klage statt. Die zusätzlichen Beiträge seien als inflationsbedingt und damit als ablösungstypisches Risiko zu werten. Die Stadt könne deswegen keine Beiträge nachfordern.

Mit diesen Entscheidungen gibt das Bundesverwaltungsgericht die von ihm entwickelte „Missbilligungsgrenze“ auf. Danach war ein Ablösungsvertrag bereits unwirksam, wenn der Betrag, der dem Grundstück als Erschließungsbeitrag zuzuordnen war, mindestens das Doppelte oder höchstens die Hälfte des vereinbarten Ablösungsbetrags ausmachte.

Constanze Geiert

Zur Person:
Constanze Geiert ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Brüggen in Dresden. Sie ist vor allem in den Bereichen des Europäischen Beihilfenrechts und des Besonderen Verwaltungsrechts tätig und hat einen Kommentar zum Sächsischen Gesetz über Kindertageseinrichtungen (SächsKitaG) veröffentlicht.