Barrierefreiheit bei Veranstaltungen

Die Hürden können an ganz unterschiedlichen Stellen liegen: schon beim Ticketkauf oder vor Ort, wenn der Boden nicht rollfähig ist. Wie man Wege zu Veranstaltungen für Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen ebnet, stand im Zentrum eines wissenschaftlich begleiteten, partizipativen Projekts.

Barrierefreiheit
Das inklusive Prüfer-Team: Diejenigen, die es betrifft — Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen — sind Expertinnen und Experten für Barrierefreiheit, und sie waren ins Projekt integriert. Foto: DJK


Über drei Jahre wurde in dem Projekt „Veranstaltungen für Alle“ an Kriterien und Hilfestellungen für mehr Barrierefreiheit auf Veranstaltungen geforscht — zusammen mit Menschen mit diversen Beeinträchtigungen. Das Ziel war es, den Blick für Barrierefreiheit zu schärfen, Menschen mit Beeinträchtigung in die Bearbeitung dieser Herausforderung einzubeziehen und Veranstaltern pragmatische Lösungen für mehr Teilhabe an die Hand geben zu können.

Dafür besuchten „inklusive Prüfer-Teams“, denen jeweils ein breites Spektrum an Einschränkungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache bekannt waren, Veranstaltungen wie Konzerte und Sportwettkämpfe oder öffentliche Events wie Volksfeste und Messen.

Die gesammelten Erfahrungen wurden vom Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS) ausgewertet, bestehende Kriterienkataloge wurden ergänzt.

Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die noch wenig beachteten Gruppen der Menschen mit geistiger oder psychischer Beeinträchtigung gelegt. Inte-ressante Erkenntnisse bezogen sich nicht nur auf bereits im Fokus stehende Aspekte wie bauliche Barrieren vor Ort, sondern oftmals auf Fragen der Informationsvermittlung, Möglichkeiten zum Ticketkauf oder Fragen der Orientierung bei der An- und Abreise.

Die Praxis läuft schon in Köln

Entsprechend behandelt der neu zusammengestellte, umfassende Kriterienkatalog auch Themen wie die Aufarbeitung von Informationen, Möglichkeiten der Assistenz und sogar Tipps zur Teilhabe bei digitalen Formaten.

Als zentraler Anspruch sollten aus dem Projekt allerdings nicht nur neues Wissen, sondern vor allem auch partizipative und nachhaltige Lösungen entstehen. Dafür wurden drei komplementäre Ansätze entwickelt, die beispielsweise bereits mit dem Sportamt der Stadt Köln bei der Gestaltung der UEFA Fanzones oder für Events in der Lanxess-Arena umgesetzt werden.

Der erste Ansatz: Veranstalter, die mehr Teilhabe ermöglichen wollen, soll dies einfach und niederschwellig möglich gemacht werden. Dafür wurde der Kriterienkatalog in ein digitales Format übertragen, das es ermöglicht, die Kennzeichen für die eigene Veranstaltung herauszufiltern — denn eine eher visuell angelegte Ausstellung benötigt andere Lösungen als ein Mitmachevent.

Kleine Schritte statt Überforderung

Vollständige Barrierefreiheit ist für den Großteil der Veranstaltungen aber ein überfordernder Anspruch. Vielmehr sollte die Möglichkeit bestehen, sich vorerst auf bestimmte Zielgruppen zu fokussieren, die zum Beispiel aufgrund der räumlichen Nähe offensichtlich sind oder bereits mit dem Veranstalter in Kontakt stehen. Dies ist niederschwellig auf der Seite www.veranstaltungenfueralle.de unter dem Reiter „Für Veranstalter*innen“ möglich. Zudem können auf der Seite die eigenen Veranstaltungen eingetragen und sichtbar gemacht werden.

Der zweite Ansatz: Menschen mit Beeinträchtigung, als Expertinnen und Experten in eigener Sache, sollen auch zukünftig zentraler Bestandteil der Lösung dieser Herausforderung bleiben. Daher wurde eine Qualifizierung als inklusive Prüferin beziehungsweise als inklusiver Prüfer entwickelt und umgesetzt. Dies ermöglicht es auch weiterhin, inklusive Prüferevents besuchen und bewerten zu lassen.

Ein speziell entwickeltes digitales Tool hilft dabei, den Test im Team durchzuführen, Menschen mit unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten teilhaben zu lassen und die Ergebnisse visuell aufzubereiten. Prüfungen oder Qualifizierungen zum inklusiven Prüfer oder zur inklusiven Prüferin können beim Projekt angefragt werden.

Das Projektbüro unterstützt

Der dritte Ansatz: Sollte bei der Umsetzung der Informationen oder bei der Gestaltung der Events Hilfe benötigt werden, kann über das Projektbüro Unterstützung angefragt werden. Da Informationsverbreitung und Orientierung bedeutende Barrieren sind, wurde ein digitales Leit- und Informationssystem in die technische Lösung integriert. Dieses kann auf Events Verwendung finden und Menschen dabei unterstützen, sich auf dem Gelände zu orientieren, Informationen zu erhalten oder praktische Hilfen zu An- und Abreise zu finden.

Starkes Bündnis für Inklusion

Der DJK Sportverband Köln e.V. hat das Projekt leitend durchgeführt, das Forschungsinstitut für Inklusion durch Bewegung und Sport (FIBS) hat es begleitet. Gefördert wurde es von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und der Kämpgen Stiftung.

Nicolas Niermann


Der Autor

Nicolas Niermann ist Geschäftsführer beim
DJK Sportverband DV Köln e.V.