Absagen vielversprechender Bewerber verhindern

Handschlag nach dem Bewerbungsgespräch: Selbst er gibt Personalern keine Sicherheit, weiß Barbara Morschhaeuser. Foto: Adobe Stock/Antonioguillem

Das Verhalten ändert sich: Personal wird dringend gebraucht, nicht nur in den Verwaltungen – und viele Bewerber strecken einfach mal die Fühler aus oder halten sich nicht an Zusagen. Was also tun? Tipps von der Personalexpertin.

Immer häufiger sind Personalabteilungen in Auswahlverfahren von kurzfristigen Absagen der Kandidaten betroffen. Selbst ein komplettes „Abtauchen“, das sogenannte Bewerber-Ghosting, ist keine Seltenheit. Fatal wird es, wenn plötzliche Absagen die letzte Aus-wahlphase, möglicherweise sogar den Endkandidaten betreffen. Dieser Trend betrifft alle Branchen – besonders schmerzlich aber trifft es die Kommunen: Deren Auswahlrunden sind komplex und erfordern eine vorausschauende Planung.

Woraus resultiert diese Unzuverlässigkeit? Die Gründe sind so vielfältig wie die Kandidaten und die betroffenen Kommunen selbst. Hier sind einige der Gründe, die das geänderte Absageverhalten begünstigen:

  1. Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage: Der Fach- und Führungs-kräftemangel hat dazu geführt, dass es mehr freie Stellen als in Frage kommende Kandidaten gibt. Der damit verbundene Kampf um die Besten („war for talent“) zwingt die Arbeitgeber dazu, die Kandidaten intensiv zu umwerben.
  2. Marktwert der Kandidaten: Das Selbstbewusstsein der Umworbenen führt dazu, dass sie sich ihre Stellen handverlesen aussuchen. Nicht selten haben sie sich auf mehrere Stellangebote beworben. Einige testen lediglich ihren Marktwert oder nutzen ein Stellenangebot, um zu „pokern“ und mit ihrem aktuellen Arbeitgeber neu zu verhandeln.
  3. Weniger Verbindlichkeit durch Automatisierung: Die digitalisierten Bewer-bungsprozesse und die damit verkürzten Reaktionszeiten begünstigen, dass sich Kandidaten spontan auf Stellenangebote bewerben. Erst zu einem späteren Zeitpunkt überdenken sie die daraus resultierenden Konsequenzen eines Stellenwechsels. Zudem kann durch die Automatisierung der Eindruck eines eher anonymen Verfahrens entstehen, so dass sich Bewerber weniger verpflichtet fühlen, verbindlich im Austausch zu bleiben.

Um unliebsamen Absagen vorzubeugen, empfehlen sich diese Maßnahmen:

  • Arbeitgeberattraktivität steigern: Mit dem Aufbau einer starken Arbeitgebermarke kann man positiv auf sich aufmerksam machen und bindet Kandidaten an sich. Hier ist vor allem der kommunale Sektor gefordert, der sich auch in dieser Hinsicht im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft befindet.
  • Optimierung der Bewerbungsprozesse: Strukturierte Verfahren im Recruiting führen zu effizienten Prozessen und kurzen Reaktionszeiten. Auf dieser Basis sollten Auswahlschritte zügig umgesetzt und der direkte Kontakt zu den Kandidaten zeitnah aufgenommen werden.
  • Kandidatenzentrierte Kommunikation: Vor allem der persönliche Kontakt sollte im Mittelpunkt stehen. Es empfiehlt sich, über alle Phasen des Auswahlprozesses hinweg bis hin zum Onboarding des Endkandidaten intensiv im Gespräch zu bleiben. Dazu gehört auch ein schnelles Feedback. Je vertrauensvoller die persönliche Beziehung ist, umso eher lässt sich das Verhalten der Kandidaten einschätzen.

Arbeitgeber sollten sich attraktiv aufstellen und Kandidaten ein wertschätzendes sowie in allen Phasen reibungsloses Bewerbungsverfahren bieten. Vor allem sollten sie eine vertrauensvolle Kommunikation praktizieren. Damit minimiert man die Gefahr unkalkulierbarer Absagen. Hundertprozentig verhindern lassen sie sich aber nicht. Daher ist es ratsam, im Sinne eines „Plan B“ vorsorglich mehr als einen passenden Endkandidaten zu gewinnen. Barbara Morschhaeuser

Die Autorin: Barbara Morschhaeuser ist Senior-Beraterin bei zfm – Zentrum für Management- und Personalberatung in Bonn.