Verwaltungsberufe von A bis Z

Qualifizierte Fachkräfte sind auf dem Arbeitsmarkt begehrt. Die Verwaltung muss sich also etwas einfallen lassen, um im Wettbewerb auf sich aufmerksam zu machen. Das interkommunale Projekt „Berufe-sh“ in Schleswig-Holstein hat sich zu einem Vorzeigemodell entwickelt, von dem alle Beteiligten profitieren.

Die öffentlichen Verwaltungen kommen heute nicht an den Themen Personalmarketing und -gewinnung vorbei. In der Praxis heißt das Ursprungsproblem schlicht demografischer Wandel und damit ist es nicht erst seit gestern bekannt. Es bedeutet: zunehmender Fachkräftemangel, nicht oder nur schwer zu besetzende Ausbildungsplätze, zurückgehende Bildungsqualität der Bewerber. Und, leider oft völlig unterschätzt: das schlechte oder falsche Image der öffentlichen Verwaltung als Arbeitgeber bei potenziellen Bewerbern.

Nach Jahren der theoretischen Diskussion ist jetzt erfreulich festzustellen, dass nach und nach ein praktisches Umdenken in den Personalämtern und bei den Verwaltungsspitzen stattfindet. Zuletzt reift auch die Erkenntnis, dass trotz teurer Stellenanzeigen in den Printmedien die Bewerber ausbleiben, Anzeigen mehrfach geschaltet werden müssen und vor allem zusätzlich kostenintensive Online-Stellenportale bezahlt werden. Neue Wege und Lösungen, werden gesucht, ausprobiert und ergebnisoffen diskutiert.

Aber im Arbeitsmarkt ist die Ressource Mensch hart umkämpft. Industrie, Handel und die öffentliche Verwaltung bemühen sich um dieselben wenigen qualifizierten Jugendlichen und Nachwuchskräfte. Die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung scheint auf den ersten Blick nicht attraktiv. Nachwuchs und Fachkräfte haben oft nur eine diffuse Vorstellung von den Aufgaben, und die Bezahlung ist nicht immer konkurrenzfähig. Zusammen mit angespannten Haushaltslagen in vielen Kommunen führt dies zu einer schwachen Ausgangslage in einem harten Wettbewerb.

Umfragen zeigen aber, dass Berufe in der öffentlichen Verwaltung attraktiv sind und zudem besser bewertet werden als Berufe der „freien Wirtschaft“. Ein Feuerwehrmann genießt bei jeder Umfrage mehr Vertrauen als ein Banker oder Politiker, und ein Lehrer hat mehr Ansehen als ein Werbefachmann. Aber den wenigsten Menschen ist bewusst, dass die öffentliche Verwaltung weit über 100 Berufe anbietet und beschäftigt, von A wie Archivar bis Z wie Zahnarzt – für alle Lebensbereiche und Berufswünsche ist etwas dabei. Selbst in der Verwaltung ist das kaum bekannt.

Arbeit am Image

Hier liegt viel Potenzial für eine Image- und Informationskampagne. Doch die will gut durchdacht sein. Das sich ständig ändernde Medienverhalten vor allem jüngerer Menschen sollte dabei ein wichtiger Anhaltspunkt sein. Die Personalarbeit der öffentlichen Verwaltung muss sich der neuen digitalen Welt kommunikativ öffnen.

Heute bewegen sich mehr als 30 Millionen Deutsche mobil im Netz. Davon informieren sich rund 60 Prozent zuerst über ihr Handy oder das Tablet über einen neuen Job. Gerade bei den 14- bis 29-Jährigen entfällt knapp die Hälfte ihrer Onlinezeit auf mobile Endgeräte. Diese betrug im Jahr 2015 fast 108 Minuten und ist damit der erste Anlaufpunkt für Informationen oder eben auch die Berufssuche. Über zwei Drittel der Mobile-User nutzen ihr Endgerät zum Lesen von Stellenanzeigen. Die Printmedien verlieren in diesem Sektor immer mehr an Bedeutung.

Vor diesem Hintergrund gingen schon im Jahr 2008 16 kommunale Verwaltungen in Schleswig-Holstein einen neuen Weg und gründeten die Initiative „Berufe-sh“. Heute sind es 41 kommunale Mitglieder, die diese Kampagne vertreten und stetig weiterentwickeln. Dabei gilt es zwei Ziele zu verfolgen: Die Verwaltung muss ihr Image verbessern, um genügend qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Und sie muss ihre Personalarbeit auf die zukunftsweisenden Trends anpassen.

Portal erreicht 18.000 Besucher im Monat

Das Projekt besteht aus drei Säulen: (1) Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Mitgliedskommunen bearbeitet das interne und externe Personalmarketing gemeinsam, (2) über das Internetportal www.berufe-sh.de werden Stellen sowie Ausbildungs- und Studienplätze angeboten, (3) eine Image- und Informationskampagne.

Mit professioneller Unterstützung von Marketingexperten sind aus der Arbeit gemeinsame Kampagnenmotive und -werbemittel entstanden. Als wesentliches Kommunikationsmittel der Initiative dient die eigene Internetplattform. Die Online-Stellenanzeigen entsprechen einer einheitlichen Vorlage, alle Berufe in den Verwaltungen werden nach einem einheitlichen Schema präsentiert, die Verwaltungen stellen sich als Arbeitgeber vor, und es gibt ausführliche Informationen um den Arbeitsplatz in der kommunalen Verwaltung. Die Internetseite ist so aufbereitet, dass sie dazu beiträgt, das Image der kommunalen Verwaltung freundlich und zeitgemäß zu präsentieren. Die eigens für die über 100 Berufe der kommunalen Verwaltung entwickelten Icons ebenso wie das Logo des Projekts werden auch für alle klassischen Kommunikationsmittel verwendet. Der Relaunch Mitte 2013 machte die Webseite fit für mobile Endgeräte.

Mit den 80 bis 100 angebotenen Stellenausschreibungen erreicht „Berufe-sh“ aktuell mehr als 18.000 Besucher im Monat, Tendenz steigend. Durch die Suchalgorithmen anderer großer gewerblicher Jobportale wie Kimeta oder Indeed werden die Stellenausschreibungen nachweislich multipliziert und somit zahlreichen weiteren potenziellen Bewerbern zugänglich gemacht. Allein Indeed hat mehr als zehn Millionen Besucher im Monat.

Eine Image- und Informationskampagne besteht aber nicht nur aus einem Internetauftritt, sondern muss unterschiedliche Kanäle nutzen. So wird ebenso ein Kampagnen-Messestand auf Jobbörsen genutzt und zu gemeinsamen Auftritten mehrerer Verwaltungen einer Region eingesetzt.

Im Unterschied zu privatwirtschaftlichen Anbietern von Online-Portalen ist der Mehrwert der kommunalen Berufeplattform darin zu sehen, dass alle beteiligten Arbeitgeber gleiches Mitsprache- und Steuerungsrecht in der Arbeitsgruppe haben und die Kampagne authentisch und realistisch ist. In drei bis vier Sitzungen im Jahr bespricht, analysiert, erarbeitet und beschließt die Arbeitsgruppe alle Themen des internen und externen Personalmarketings einstimmig.

Aktuell wird beispielsweise das Thema Interkulturelle Öffnung der kommunalen Arbeitgeber diskutiert. Die Aufgabe ist, Menschen mit Migrationshintergrund direkt anzusprechen und im Internetportal mit Informationen zu versorgen, Informationsflyer in verschiedenen Sprachen vor allem für Eltern möglicher Bewerber bereitzustellen und den direkten Weg in Schulen zu finden.

Die Finanzierung der Initiative ist in den vergangenen Jahren mit einem kleinen Budget je Teilnehmer sichergestellt worden. Im Laufe des Projekts sind zunehmend die bisherigen Budgets für Stellenanzeigen in Printmedien umgeleitet und in das Projekt „Berufe-sh“ investiert worden, um letztlich auch (Steuer-)Geld zu sparen.

Claudia Zempel / Ingmar Behrens

Die Autoren
Claudia Zempel ist Dezernentin beim Städteverband Schleswig-Holstein, Ingmar Behrens ist Geschäftsführer der auf Strategie und Kommunikation spezialisierten Unternehmensberatung Behrens und Behrens in Ottendorf