Ordnerregal: Im Rahmen der Ermittlungen gegen eine Umweltstraftat auf einer kommunalen Deponie greift die Staatsanwaltschaft auf die einschlägigen Genehmigungen, Protokolle und Bilanzen zu. – Foto: MCH67/Fotolia

 

Praxis: Ablagerungen auf einer Erddeponie

Das folgende Beispiel aus der Beratungspraxis der Rechtsanwaltskanzlei Wolter-Hoppenberg aus Hamm schildert Anlass und Ablauf eines staats- und ordnungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens gegen eine Stadt in Baden-Württemberg.

Die Kommune betreibt seit mehr als 15 Jahren eine Entsorgungsanlage für Bodenaushub und Bauschutt. Aufgrund diverser Vereinbarungen mit dem Landkreis wurden in der Anlage Erdaushub, Straßenaufbruch und Bauschutt entsorgt.

Darüber hinaus durften für den Deponiewegebau einzeln aufgeführte Bauschutt- und Baurecyclingmaterialien unter Einhaltung der Deponieklasse (DK) 0 eingesetzt werden, sofern dies zur Aufrechterhaltung des Betriebes während niederschlagsreicher Zeitabschnitte erforderlich und die Unbedenklichkeit der einzelnen Stoffe gewährleistet ist. Ein Teil war als DK-0-Fläche ausgewiesen und mit der Vorgabe genehmigt, dass die Zuordnungswerte für DK 0 nach Anhang III der Deponieverordnung (DepV) einzuhalten sind.

Ein privater Deponiebetreiber, gegen den bereits staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren liefen, erstattete Anfang des Jahres 2014 Anzeige gegen verschiedene kommunale Deponiebetreiber. Er machte geltend, dass auf diversen Erddeponien des Landkreises illegale Abfälle (i. S. des § 326 StGB) abgelagert beziehungsweise diese Deponien illegal (i. S. des § 327 StGB) betrieben wurden. Dabei legte er unter anderem Fotos der von der Kommune betriebenen Deponie vor, die er etwa ein halbes Jahr vor der Anzeige heimlich machte.

Dies führte dazu, dass die Staatsanwaltschaft gegen vier Mitarbeiter der Stadt das Ermittlungsverfahren aufnahm, nämlich gegen den Mitarbeiter auf der Deponie vor Ort, den zuständigen Sachbearbeiter im Tiefbauamt, die Leiter des Tiefbauamtes und den Baudezernenten.

Im Rahmen dieses Verfahrens wurden zunächst die Akten des für die Überwachung zuständigen Abfallwirtschaftsamtes des Landkreises durch die Ermittlungsgruppe „Deponie“ der Polizei ausgewertet. Das waren alle die Deponie betreffenden Genehmigungen, die jährlich erstellten Abfallbilanzen und die Begehungsprotokolle. Zudem wurden die Sachbearbeiterin und die für die Deponiebegehung und -kontrolle verantwortlichen Bauingenieure vernommen. Darüber hinaus wurde die Deponie dem Augenschein unterzogen und Luftbildaufnahmen gemacht.

Tiefbauamt durchsucht

Etwa ein halbes Jahr nach der Anzeige wurden das Tiefbauamt sowie die Verwaltungsräume auf der Deponie durchsucht und Akten beschlagnahmt sowie Boden- und Sickerwasserproben auf der Deponie genommen. Nach der Staatsanwaltschaft bestand ein Verdacht, dass die Deponie über einen Zeitraum von fünf Jahren illegal im Sinne des § 327 Abs. 2 StGB betrieben worden sei. Gleichzeitig wurde gegenüber den genannten Mitarbeitern der Stadt Strafanzeige erstattet.

Die in zwei Deponieabschnitten erfolgte Probenentnahme war je einmal auffällig und unauffällig. Im Bereich der aktuellen Auffüllung fand man neben Boden und etwas Ziegel einen etwa faustgroßen Teerbrocken. Die Feststoffuntersuchung durch das Sachverständigenbüro ergab einen deutlich über den zulässigen Grenzwerten liegenden Gehalt an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK).

Der Fundort wurde einem bestimmten Annahmematerial zugeordnet, das gemäß den Vorgaben der Deponieverordnung vor der Annahme begutachtet und beprobt worden war. Die grundlegende Charakterisierung des Materials nach § 8 DepV führte zwar „etwas Asphalt“ als Bestandteil an. Der darin angegebene PAK-Wert wurde jedoch als unauffällig eingestuft. Da das Material einen erhöhten Sulfatwert aufwies, wurde vor der Freigabe durch das Tiefbauamt beim zuständigen Abfallwirtschaftsamt eine Zustimmung zur Ablagerung eingeholt.

Die vor Ort anwesenden Mitarbeiter führen unter Beachtung von Deponieverordnung und Benutzungsordnung der Deponie, deren Überwachungskonzept sowie diverser Aushänge am Eingang der Deponie eine Annahmekontrolle durch. Wäre der fragliche Teerbrocken bereits bei diesen Kontrollen aufgefallen, hätte das Material zurückgewiesen oder wieder aufgeladen und in eine andere Entsorgungsanlage transportiert werden müssen.

Eine Auswertung der Akten des Abfallwirtschaftsamtes ergab, dass die Stadt stets bemüht war, alle Vorschriften einzuhalten, Analyseberichte zu prüfen, Verbesserungsvorschläge zu berücksichtigen und daher im Vergleich zu anderen Deponiebetreibern vorbildlich handelte. Dieser Eindruck der Aktenlage wurde durch die Aussagen der Zeugen aus dem Amt bestätigt.

Ermittlungen eingestellt

Im Ergebnis stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den verantwortlichen Deponiemitarbeiter ein gutes Jahr nach der Durchsuchung ein. Ein strafrechtliches Fehlverhalten war nicht zu erkennen, ein fahrlässig unerlaubter Umgang mit Abfällen schied aus.

Das Verfahren hatte gezeigt, dass die Annahme des Materials entsprechend den Vorgaben der Deponieverordnung durchgeführt wurde. Der ebenfalls von der Staatsanwaltschaft geäußerte Vorwurf des illegalen Betriebs von Anlagen i. S. des § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB gegenüber den übrigen drei Mitarbeitern der Stadt wurde mangels strafrechtlichen Fehlverhaltens ebenfalls eingestellt.

Der von der Staatsanwaltschaft in Rede gebrachte Bauschutt aus einem weiteren Bauvorhaben wurde nachweislich vollständig als Wegebaumaterial auf der Deponie verwertet. Damit wurde den Genehmigungsvorgaben genügt. Zudem fällt ein Verwertungsvorgang nach dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 22.10.2013, AZ 5 StR 505/12) nicht unter § 327 Abs. 2 Nr. 3 StGB.

Die Staatsanwaltschaft gab das Verfahren an das zuständige Ordnungsamt ab. Dieses sollte einen eventuellen Verstoß gegen Vorgaben der Deponie-Verordnung prüfen.

Dieses Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 69 Abs. 2 Nr. 15 i. V. m. § 27 Abs. 2 DepV wurde nach etwa einem weiteren Jahr unter Verweis auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 170 Abs. 2 StPO auch eingestellt. Es gelang der Beweis, dass die von § 8 Abs. 5 DepV verlangte Kontrolluntersuchung bei der Annahme von bestimmtem Material richtig, vollständig und rechtzeitig durchgeführt wurde.

Michael Hoppenberg / Anja Schäfer

Die Autoren
Michael Hoppenberg ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht bei der Kanzlei Wolter-Hoppenberg in Hamm, Dr. Anja Schäfer ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Berlin