Sortierung von Metallschrott: Das Strafgesetzbuch (§ 327 Abs. 2 S. 1 StGB) erfasst jedes Betreiben einer Abfallentsorgungsanlage ohne die gesetzlich erforderliche Genehmigung. – Foto: Corlaffra/Fotolia

Unerlaubtes Betreiben von Anlagen

Das verbotswidrige Betreiben besonders umweltgefährdender Anlagen erfasst das Strafgesetzbuch mit Paragraf 327 Abs. 2 StGB als abstrakten Gefährdungstatbestand. Solche Anlagen sind unter anderem genehmigungsbedürftige Rohrleitungsanlagen zum Transport wassergefährdender Stoffe (i. S. des Wasserhaushaltgesetzes) und Abfallentsorgungsanlagen (i. S. des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, KrWG).

Als Abfallentsorgungsanlagen werden nicht nur Deponien (i. S. der §§ 34 KrWG) oder Anlagen zur nicht nur vorübergehenden Lagerung oder Behandlung von Kfz oder Autoverschrottungsbetriebe verstanden, sondern auch jede Grundstücksfläche, die für einen nicht unerheblichen Zeitraum auch der Abfallentsorgung dient.

Die Genehmigungspflicht der Anlagen (nach § 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz, BImSchG i. V. m. der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung, BImSchV) ergibt sich nicht aus der Abfalleigenschaft an sich, sondern aus der Einstufung der Entsorgungsmaßnahme.

Erfasst wird von Paragraf 327 Abs. 2 S. 1 StGB jedes Betreiben einer Anlage ohne die gesetzlich erforderliche Genehmigung oder Planfeststellung oder entgegen einer vollziehbaren Untersagung. Dazu gehört beispielsweise auch die illegale Ablagerung von Abfall, die der Grundstücksinhaber nicht unterbindet. Das Betreiben einer Anlage unter Abweichung von Genehmigungsvorgaben ist als solche ohne Genehmigung zu verstehen.

Bestraft wird zudem mit Paragraf 327 Abs. 2 S. 2 StGB das Betreiben von Anlagen zur Lagerung oder Verwendung gefährlicher Stoffe oder die Ausübung gefährlicher Tätigkeiten unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten in einem Mitgliedsstaat der EU, die geeignet ist, außerhalb der Anlage Leib oder Leben anderer Menschen zu gefährden oder erhebliche Schäden an Tieren, Pflanzen, Gewässern, Luft oder Boden zu verursachen. Es reicht aus, wenn eines der genannten Rechtsgüter betroffen ist.

Täter im Rechtssinn ist der Betreiber der Anlage sowie der für den Betrieb Verantwortliche, der für die Einholung von Genehmigungen oder die Befolgung einer Untersagung besonders zuständig ist. Die Betreibereigenschaft ist daher über § 14 StGB einer beauftragten Person zurechenbar. Kommt diese ihren Aufgaben nicht nach, muss sie sich wegen illegalen Anlagenbetriebs durch Unterlassen verantworten.

Die fahrlässige Tatbestandsverwirklichung (§ 327 Abs. 3 StGB) erfasst eine mangelnde Überwachung der mit dem Anlagenbetrieb vertrauten Personen. Die bloße Pflichtendelegation führt nicht zur völligen Freistellung des Delegierenden von seiner Verantwortlichkeit.

Ordnungswidrigkeiten im Umweltrecht

Häufig führt die Einstellung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens zur Abgabe der Akten an die zuständige Ordnungswidrigkeitsbehörde. Der Vorwurf der Begehung einer Ordnungswidrigkeit ist gegenüber den gesetzlichen Vertretern im Sinn einer Generalverantwortung denkbar, wenn die mangelnde Erfüllung umweltrechtlicher Pflichten nach den allgemeinen Grundsätzen zugerechnet werden kann.

Das ist der Fall, wenn der betreffenden Leitungsperson aufgrund ihrer sogenannten Organisationsherrschaft eine Verletzung von Aufsichtspflichten (§ 130 Ordnungswidrigkeitsgesetz, OWiG) nachgewiesen werden kann, so beispielsweise bei unzureichender Einweisung einzelner Mitarbeiter in ihre umweltrechtlichen Pflichten oder deren Überwachung.

Die Aufsichts- und Kontrollpflichten (§ 130 OWiG) sind vom Einzelfall abhängig. Infrage kommen zum Beispiel eine nicht ausreichend sorgfältige Auswahl einzelner Mitarbeiter, eine unzureichende Organisation, Instruktion und Aufklärung der Mitarbeiter, eine unzureichende Überwachung und Kontrolle sowie ein nachlässiges Einschreiten und Ahnden von Verstößen. Die Norm selbst ist ein Auffangtatbestand und daher nur einschlägig, wenn der Aufsichtspflichtige sich nicht bereits für die Zuwiderhandlung als Täter oder Beteiligter verantworten muss.

Bei Pflichtendelegation können besondere Pflichten den beauftragten Personen nach § 9 OWiG zugerechnet werden. Trotzdem verbleibt ein Kernbestand originärer Betreiberpflichten bei gesetzlichen Vertretern. Werden Organisations- und Kontrollpflichten verletzt, können die handelnden Personen wegen Aufsichtspflichtverletzung nach § 130 OWiG verantwortlich sein.

Die Autoren

Michael Hoppenberg ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht bei der Kanzlei Wolter-Hoppenberg in Hamm, Dr. Anja Schäfer ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht in Berlin

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