Trotz Wirtschaftsboom: Schuldenkommunen gelingt Trendwende nicht

In Deutschland steckt trotz der boomenden Wirtschaft und bundesweiter Milliardenüberschüsse bei den Städten, Gemeinden und Kreisen jede fünfte Kommune dauerhaft in der Haushaltskrise. Das zeigt der am 9. August 2017 von der Bertelsmann-Stiftung vorgelegte Kommunale Finanzreport 2017. Er zieht für seine Analysen die aktuellsten Finanzdaten heran und gibt einen Überblick über die Situation der kommunalen Haushalte im Jahr 2016. Demnach nehmen die Unterschiede in der Wirtschaftskraft zu, wobei den schwachen Kommunen selbst im positiven wirtschaftlichen Umfeld keine wirkliche Trendwende gelingt.

Der im Jahr 2016 erwirtschaftete kommunale Überschuss von insgesamt 4,5 Milliarden Euro stellt den besten Haushaltsabschluss seit 2008 dar und bedeutet das fünfte positive Jahr in Folge. Aber hinter den bundesweit guten Zahlen verbirgt sich ein wachsendes Gefälle zwischen den Kommunen. Zudem nehmen die mit hohen Zins- und Sozialausgaben einhergehenden Risiken zu.

Nur wenigen Kommunen gelingt im Vergleich der Jahre ein deutlicher Abbau der Kassenkredite, auf die der Anstieg der Gesamtverschuldung zwischen 2005 und 2015 nahezu vollständig entfiel. Wo Kassenkredite zurückgeführt wurden, erfolgte dies meist nicht durch eigene Überschüsse der Städte, Gemeinden und Kreise, sondern durch Entschuldungshilfen der Länder.

Insgesamt konnten nur wenige Kommunen ihre Verschuldungsposition im Vergleich der Jahre wesentlich verbessern. Die Gruppe der gesunden ist wie auch die der hoch verschuldeten Kommunen stabil, wobei die zehn Kommunen mit den höchsten Kassenkreditzuwächsen vollständig in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz liegen.

In zehn der dreizehn Flächenländer waren die Kommunen 2016 im Plus. Neun der 13 Länder verbesserten ihren Saldo gegenüber dem Vorjahr. Ursache der in Summe besseren Haushaltslage ist das mit sechs Prozent starke Einnahmewachstum (Steuern und Zuweisungen), welches das ebenso starke Wachstum der Ausgaben (fünf Prozent) überlagerte. In allen Ländern sind die Einnahmen im Jahresverlauf gestiegen, in keinem sind die Ausgaben gesunken.

Die großen regionalen Unterschiede, insbesondere die Spannweite zwischen Bayern und dem Saarland, macht die Summe der Jahresergebnisse aus 2015 und 2016 deutlich. Drei Länder verlassen nur knapp die roten Zahlen, zwei weiteren gelingt dies selbst in Zeiten guter Konjunktur nicht.

Deutlich sichtbare Ost-West-Unterschiede in Bezug auf Steuern und Zuweisungen weist auch weiterhin die kommunale Einnahmestruktur auf. So verfügten die ostdeutschen Kommunen auch 2016 erst über rund 60 Prozent der durchschnittlichen westdeutschen Steuereinnahmekraft. Das schwächste Land Mecklenburg-Vorpommern erreicht pro Kopf weniger als die Hälfte der hessischen Kommunen. Ein Großteil der Steuerschwäche wird den ostdeutschen Kommunen durch höhere Zuweisungen ausgeglichen. Die Osthilfen gehen jedoch infolge des Auslaufens des Solidarpakts bis 2020 zunehmend zurück.

Auch auf der Ausgabenseite existieren strukturelle Unterschiede zwischen Ost und West. Das geringere Ausgabenniveau der ostdeutschen Kommunen lässt sich primär auf niedrige Ausgaben in den Bereichen Soziales, laufender Sachaufwand und Investitionen zurückführen.

Die kommunalen Sozialausgaben werden 2017 bei rund 63,5 Milliarden Euro liegen, darauf machte am Mittwoch Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, in einem Statement zum Finanzreport deutlich. Dies bedeutet einen Anstieg von über 110 Prozent seit dem Jahr 2004. „Arme Kommunen bleiben arm. Die Sozialausgaben explodieren und übertreffen die hohen Steuereinnahmen. Der Schuldenberg bleibt“, so Landsberg. Der Weg der kommunalen Haushaltskonsolidierung müsse unbedingt fortgesetzt werden, wobei die Kommunen von Sozialausgaben zu entlasten seien, die kommunale Steuer- und Investitionskraft zu stärken und das kommunales Altschuldenproblem zu lösen sei.

Info: Der Finanzreport kann hier heruntergeladen werden (PDF, 7,3 MB, kostenlos)