Richtschnur für die Entscheidung gefragt

Entscheidungsträger in Politik, Verwaltung und Aufsichtsgremien müssen regelmäßig über die Vergütung von Top-Managern öffent­licher Unternehmen befinden. Aktuelle Studien zum Städtevergleich zeigen, dass die Regelungen zur Festlegung der Vergütung regional sehr unterschiedlich sind.

Die öffentliche Hand muss eine nachhaltige Daseinsvorsorge bei gleichzeitigen Haushaltseinsparungen realisieren. Aufgrund der Anzahl öffentlicher Unternehmen wird die Notwendigkeit eines leistungsfähigen Beteiligungsmanagements der öffentlichen Hand sowie einer verantwortungsvollen Steuerung, Überwachung, Leitung und Transparenz von öffentlichen Unternehmen – Public Corporate Governance (PCG) – betont sowie als weiter verbesserungsbedürftig eingestuft.

Mit diesem Ziel haben in den letzten Jahren rund 100 Gebietskörperschaften und Kommunen jeweils unterschiedliche Public-Corporate-Governance-Kodizes (PCGK) eingeführt. Weit vorherrschend wird die Auffassung vertreten, dass ein solcher Kodex – eine anforderungsgerechte Ausgestaltung vorausgesetzt – nützliche Beiträge zur Verbesserung der PCG leisten kann.

Der Ausgestaltung der Vergütung von Top-Managementorganen wird in der Diskussion um Personalgewinnung, Personalerhalt und Verhaltenssteuerung besondere Bedeutung zugewiesen. Der Begriff „Top-Manager“ umfasst Mitglieder leitender Organe wie Geschäftsführung, Geschäftsleitung oder Vorstand. Entsprechende Organe werden als „Top-Managementorgan“ bezeichnet.

Ziel des Beitrags ist es, Unterschiede und Defizite bei den formulierten Anforderungen bei der Angemessenheitsprüfung der Vergütung von Top-Managementorganen in Public-Corporate-Governance-Kodizes der Landeshauptstädte und Stadtstaaten zu veranschaulichen sowie Handlungsperspektiven herauszuarbeiten.

Gesetzliche Anforderungen

Für börsennotierte Unternehmen hat der Gesetzgeber in Paragraf 87 Aktiengesetz (AktG) verschiedene Anforderungen zur Prüfung der Angemessenheit der Vergütung formuliert. Für öffentliche Unternehmen liegt eine derartige gesetzliche Vorschrift bislang trotz der Relevanz nicht vor. Auch verweist Paragraf 52 (1) GmbH-Gesetz nicht auf Paragraf 87 (1) AktG, sodass dieser für öffentliche Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH mit Aufsichtsrat nicht wie andere Vorschriften aus dem AktG zur Entfaltung gebracht wird.

Aufgrund der besonderen Anforderung an öffentliche Unternehmen und der Problemlagen sollten die Gesetzgeber auf allen föderalen Ebenen dafür Sorge tragen, diese Regelungen auch für öffentliche Unternehmen zu verankern – zum Beispiel in den Gemeindeordnungen und Landeshaushaltsordnungen oder durch entsprechende Verweise. Es müsste, vereinfacht ausgedrückt, lediglich „Aufsichtsrat“ durch die Bezeichnung „das für die Vergütung zuständige Organ“ ersetzt werden, da bei öffentlichen Unternehmen einige Städte der Gesellschafterversammlung oder dem Gesellschafter die (Mit-)Zuständigkeit für die Vergütungsaus-gestaltung zugewiesen haben.

Zudem könnte in den Satzungen der öffentlichen Unternehmen und in den Mustersatzungen der öffentlichen Hand festgeschrieben werden, dass Paragraf
87 (1) AktG von den zuständigen Organen anzuwenden ist. Darüber hinaus sollten die Regelungen aus Paragraf 87 (1) AktG in alle Public-Corporate- Governance-Kodizes aufgenommen werden.

Vergleichende Analyse

Untersucht werden aufgrund der besonderen Bedeutung die PCGKs der Landeshauptstädte und Stadtstaaten. Für ergänzende Vergleiche werden der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) für börsennotierte Unternehmen von der Regierungskommission sowie der PCGK des Bundes herangezogen. Neun Städte haben einen Kodex etabliert. München, Wiesbaden, Hannover, Dresden, Kiel und Erfurt haben trotz der betonten Potenziale nach wie vor keinen PCGK eingeführt. Weiterhin findet sich bei der angemessenen Beurteilung der Zusatz „nachhaltig(er)“ als Kriterium im Zusammenhang mit dem Erfolg.

Ein Bonus-Malus-System empfehlen nur der Bund, Hamburg und der DCGK. Anforderungen und Kodexvergleiche einzelner Städte zeigen, dass bezüglich der Kriterien für Angemessenheitsbeurteilungen der Top-Managementorgane in einigen PCGKs Handlungsbedarf besteht.

Handlungsperspektiven

Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung sind bei der Einstellung oder Verlängerung der Verträge von Top-Managern gehalten, die Regelungen aus den PCGKs und die weiteren Anforderungen umzusetzen. In der Praxis wird ein hoher Bedarf an einem besseren Orientierungsrahmen für Vergütungsentscheidungen artikuliert. Hierzu erscheint im Frühjahr 2016 eine neue empirische Studie zu Top-Managementorganvergütungen (s. Info rechts).

Fachbezogene Tagungen unterstreichen, dass viele engagierte Akteure im Handlungsfeld „Top-Managementorganvergütung“ kontinuierlich nach Weiterentwicklungen streben. Jedoch ist in struktureller Gesamtsicht mit Blick auf empirische Fakten festzustellen, dass die Anforderungen noch nicht durchgängig erfüllt sind.

Eine Überregulierung wird sich nicht förderlich auf die Daseinsvorsorge auswirken. Hingegen müssen dosierte, gezielte und präzise Anforderungen und Zuständigkeiten zur Bewältigung der bedeutsamen Vollzugsdefizite sowie zu bestehenden Unklarheiten im PCG-System formuliert werden. Es besteht ein hoher Bedarf für empirisch gestützte Erkenntnisfortschritte sowie für einen wechselseitigen Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft.

Ulf Papenfuß

Der Autor
Jun.-Prof. Dr. Ulf Papenfuß ist Inhaber der Juniorprofessur für Public Management an der Universität Leipzig

Info: Das Team um Prof. Dr. Ulf Papenfuß von der Universität Leipzig veröffentlicht im Frühjahr 2016 eine neue Studie zur Ausgestaltung der Vergütung für das Top-Management. Die Langfriststudie wird durch den Deutschen Städtetag unterstützt. Identifiziert und untersucht wurden über 3000 von der öffentlichen Hand unmittelbar und mittelbar maßgeblich beeinflusste Unternehmen in deutschen Städten mit über 50 000 Einwohnern sowie auf anderen föderalen Ebenen.