Mit der Zeit gehen

Unternehmen der Privatwirtschaft nutzen Social-Media-Kanäle zur professionellen Selbstdarstellung. Städte und Gemeinden werden über kurz oder lang auf diesen Zug aufspringen müssen. Vorab sollten sie eine Strategie entwickeln, wie sie Businessplattformen zur Gewinnung von Fachkräften einsetzen wollen.

Die Megatrends Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Wertewandel und Digitalisierung der Arbeitswelt wirken sich auch auf das Personal-Recruiting im öffentlichen Sektor aus. Das „Matching“ zwischen Kandidat und Arbeitgeber gewinnt an Bedeutung auf beiden Seiten.

Die große Chance durch den Einsatz von Automatisierung, Big Data und Social Recruiting liegt in der Erleichterung der Kandidatensuche und -auswahl. Sie eröffnen neue Möglichkeiten: Nicht nur die Ansprache von Kandidaten erfolgt digital, auch die Vorauswahl der Bewerbungseingänge, Assessment-Center und die Erstellung von Persönlichkeitstests werden heute schon online durchgeführt. Selbst Erstgespräche mit geeigneten Bewerben erfolgen immer häufiger via Webcam. In diesem Bereich muss die öffentliche Verwaltung sicherlich noch umdenken, die Berührungsängste verlieren und die Digitalisierung forcieren. Mittelfristig führt kein Weg daran vorbei, dass Kommunen wie Unternehmen agieren müssen.

Business-Portale nutzen

Für das Social Recruiting eignen sich vor allem Business-Portale. So nutzen Bewerber heute ganz selbstverständlich Plattformen wie Xing, Linkedin und Experteer, um ihre Karriere voranzutreiben und sich von Recruitern finden zu lassen. Der Fachkräftemangel forciert dieses Vorgehen von Talenten, die sich lieber finden lassen als dass sie selbst zeitintensiv nach einer neuen Position Ausschau halten.

Aber auch für Personaler haben diese Plattformen enorme Vorteile. Sie ermöglichen ihnen auf eine von den Nutzern selbst gepflegte und damit aktuelle und unübertroffen große Datenbank zurückzugreifen. Neue IT-Lösungen und Big Data unterstützen die Suche nach Kandidaten, bei denen die Wechselwahrscheinlichkeit für die gesuchte Stelle am höchsten ist, sodass die Suche schnell und zielgenau trifft.

Für die Wahl der richtigen Maßnahmen ist es wichtig, dass die Kommunen sich im Vorfeld einige Gedanken über ihre Social-Recruiting-Strategie macht. Zunächst ist es wichtig, zu wissen, wen sie finden möchten. Dies entscheidet über die Auswahl der Plattform, auf der die Kandidaten gesucht werden. So findet man zum Beispiel auf Xing überwiegend Kandidaten aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz, während man bei Linkedin auf einen internationalen Kandidatenkreis zugreifen kann.

Damit wäre das Potenzial der Netzwerke aber noch nicht ausgeschöpft. Das Netz bietet Kommunen auch die Möglichkeit, sich als Arbeitgeber bei seinen (zukünftigen) Angestellten vorzustellen. Durch ein gutes Employer Branding (d. h. der Arbeitgeber profiliert sich nach außen im Sinn der Markenbildung) kann man erreichen, dass man von attraktiven Bewerbern angesprochen und weiterempfohlen wird. Dazu ist eine einheitliche und glaubwürdige Präsentation ein absolutes Muss. Es gilt eine eigene Marketingstrategie mit einheitlichem Erscheinungsbild, Kommunikationsstil und abgestimmten Inhalten zu entwickeln.

Authentische Darstellung überzeugt

Lebendige und authentische Inhalte, mit Bildern und Videos unterstützt, erwecken im Netz die größte Aufmerksamkeit. Je mehr die User und Interessenten über den Alltag einer Verwaltung erfahren, umso mehr können sie sich ein Bild von ihrem potenziellen Arbeitgeber machen. Dies fördert die Bereitschaft, zu diesem Arbeitgeber zu wechseln.

Aber auch die konkreten Inhalte sind genau zu planen. Dazu empfiehlt sich, einen Redaktionsplan zu erstellen, sodass die Inhalte auf allen Kanälen aufeinander abgestimmt sind. Zuletzt braucht es ausreichend Mitarbeiter mit dem entsprechenden Know-how, die nicht nur die Kanäle mit Inhalten füllen, sondern auch bei Reaktionen und Fragen der Interessenten zeitnah antworten können.

Nach wie vor sind die klassischen Online-Jobbörsen die am häufigsten genutzten Medien, da hier gerade für Bewerber die Handhabung sehr einfach und unkompliziert ist. Einer wachsenden Bedeutung kommen die eigenen Internetseiten und die Business-Plattformen wie Xing, Linkedin und Experteer zu. Auf der eigenen Internetseite haben Kommunen die Möglichkeit über vorherige Assessement-Center oder IT-Lösungen die Bewerbungen schon zu filtern, sodass nur die interessantesten Kandidaten einer Detailprüfung bedürfen. Insbesondere, wenn Arbeitgeber sehr viele Bewerbungen erhalten, ist diese Form eine besonders effiziente Möglichkeit, die jedoch auch hohe Investitionskosten mit sich bringt.

Erfolg braucht Zeit

Business-Netzwerke wie Xing und Linkedin führen Arbeitnehmer und Arbeitgeber unmittelbar zusammen. Die Suche wird für beide Seiten leichter und effektiver. Bereits jede zehnte Stelle wird über soziale Netzwerke vermittelt – aktuell allerdings noch eher in der Privatwirtschaft. Diese Plattformen bieten eine große Datenbank an potenziellen Bewerbern aus allen Branchen und Berufen. Voraussetzung ist, dass beide Seiten ihre „Hausaufgaben“ gemacht haben: Stellenanzeigen müssen konkret und genau formuliert sein, User müssen ihre Profile aussagekräftig und aktuell gestaltet haben. Dann kann eine erfolgreiche Kandidatensuche und Vorauswahl über die sozialen Netzwerke erfolgen.

Facebook, Twitter, Google+ oder auch ein eigener Blog eignen sich weniger für die konkrete Suche nach geeigneten Mitarbeitern, sondern viel mehr für ein Employer Branding. Um sich als attraktiver Arbeitgeber langfristig einen guten Ruf aufzubauen und als Arbeitgebermarke von den Fachkräften umworben zu werden, lassen sich diese Kanäle sehr gut nutzen. Wer beginnt, sich als Arbeitgeber im Netz zu präsentieren, muss sich eine „Fan-Gemeinschaft“ und einen positiven Ruf aufbauen. Die Erfolge werden sich erst mit der Zeit einstellen.

Kommunen müssen sich mit den sozialen Netzwerken vertraut und bekannt machen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Noch muss man nicht dabei sein, um qualifizierte Bewerber zu finden, aber alle Prognosen zeigen, dass es bald notwendig sein wird.

Claudia Weiler

Die Autorin
Claudia Weiler ist Beraterin beim zfm – Zentrum für Management- und Personalberatung Edmund Mastiaux & Partner in Bonn