Kapital Forst

Die Forstwirtschaft ist für die waldreiche Gemeinde Baiersbronn traditionell eine wichtige Einnahmequelle. In neuer Zeit kam der Tourismus als Wirtschaftsfaktor hinzu. Den Ansprüchen beider Nutzungsformen will die Verwaltung auch in Zukunft gerecht werden. Die Nachhaltigkeit gibt den Rahmen dafür vor.

 

Baiersbronn im Nordschwarzwald ist die waldreichste Gemeinde in Baden-Württemberg. Rund 85 Prozent der Gemarkungsfläche sind bewaldet, was ungefähr 16.000 Hektar entspricht. Schon immer stellte die Forstwirtschaft auf Höhenlagen bis über 1000 Meter in der heute rund 15.000 Einwohner zählenden Gemeinde eine wichtige Einnahmequelle dar.

„Mit Holz wird die gesamte Wertschöpfungskette vom Wald ins Werk bedient“, sagt Bürgermeister Michael Ruf. „Arbeitsplätze entstehen sowohl in den örtlichen als auch in den überregionalen Betrieben der Forst- und Holzwirtschaft.“ Weitere Potenziale liegen in in der Papierindustrie oder im Druck- und Verlagsgewerbe, die auf Holz als Rohstoff angewiesen sind. „Aber auch bei Zulieferern oder im Holzprodukte-Transport liegen wirtschaftliche Chancen“, so Ruf.

Baiersbronn ist Mitglied in dem seit 2014 bestehenden Nationalpark Schwarzwald. Die Mitgliedschaft bedeutet neues Wirtschaftspotenzial und ökologische Verantwortung gleichermaßen. Der Gemeindewald erfülle für die Gemeinde in besonderem Maß Anforderungen für den Tourismus, erläutert Ruf und nennt als Beispiel die konzipierten Mountainbike-Strecken mit einem Gesamtradwegenetz von rund 415 Kilometern. „Für die 35 Kilometer langen Single-Trails im Wald sind wir im vergangenen Jahr mit dem Radtourismus-Preis ausgezeichnet worden“, freut sich der Rathauschef.

Touristische Ansprüche an den Wald

Dass der Waldreichtum ein Segen für den Tourismus ist, hat sich bereits bis zur Landeshauptstadt Stuttgart herumgesprochen. „Die Gemeinde Baiersbronn ist ein tolles Beispiel dafür, wie sich Waldeigentum wandelt“, erklärt Yvonne Hengst-Ehrhart von der Forstkammer Baden-Württemberg. „Traditionell lebte die Gemeinde vom Wald als Holzlieferant, da die ackerbauliche Nutzung der Böden sich in der Höhe kaum lohnte.“ Heute befinde sich die Gemeinde in einem touristisch erschlossenen Gebiet und damit müsse auch der Wald weiteren Ansprüchen genügen. „Erholung und Naturschutz sind Aspekte des modernen Nachhaltigkeitsverständnisses“, betont Hengst-Ehrhart.

Bei Aspekten zur Bewirtschaftung des Kommunalwalds wird die Gemeinde vom Kreisforstamt im Landratsamt Freudenstadt betreut. Auch bei Fragen zur forsttechnischen Betriebsleitung, zum forstlichen Revierdienst oder zum Holzverkauf kann sich die Gemeinde jederzeit an das Kreisforstamt wenden. „In der Verwaltung ist der Gemeindewald bei der Kämmerei angesiedelt“, erläutert Bürgermeister Ruf. Derzeit erarbeitet die Verwaltung zusammen mit Mitgliedern des Gemeinderates alternative Organisationsstrukturen, die sich auf potenzielle neue Rechtslagen anwenden lassen.

Bei der Bewirtschaftung des Kommunalwalds erbringt die Gemeinde traditionell eine hohe Eigenleistung. Gleichwohl machen die zuletzt gestiegenen Anforderungen und der hohe Arbeitsaufwand den Zugriff auf externe Dienstleister immer häufiger notwendig. „In den vergangenen Jahren wurden mit steigender Tendenz Arbeiten an Unternehmer und Dienstleister vergeben“, sagt Ruf. Die Kosten für externe Dienstleistungen machen derzeit rund 40 Prozent an den Gesamtkosten des Forstbetriebs aus.

Die Zahl der eigenen Arbeitskräfte hat die Gemeinde in Bereichen mit hohem Mechanisierungsgrad wie in der Holzernte schrittweise reduziert. Gegenwärtig beschäftigt der Gemeindeforstbetrieb noch neun Forstwirte in Vollzeit. Zwei geringfügig Beschäftige kümmern sich um die beiden Wildgehege. Mit Privatwaldbesitzern kooperiere die Gemeinde vorrangig im Bau und Unterhalt von Waldwegen, so Ruf.

Von wirtschaftlich besonders hohem Nutzen sind im Baiersbronner Kommunalwald die Nadelbäume Fichte, Tanne und Kiefer. Diese drei Baumarten nehmen fast 90 Prozent der Waldfläche ein. „Ökologisch spannend und bedeutsam sind Tanne, Buche und Kiefer. Das Auerwild, das im Gemeindewald vorkommt, braucht die Kiefer“, sagt der Bürgermeister.

Douglasie verträgt Trockenheit

Aus ökonomischen Gesichtspunkten wächst die Bedeutung der klimastabilen und wertschaffenden Douglasie. Sie wird vorrangig auf Sturmflächen kultiviert. Bei der planmäßigen Verjüngung der Bestände setzt Baiersbronn außerdem auf die Tanne.

Sturmschäden zählen zu den negativen Seiten der Forstwirtschaft, die für Baiersbronn so wichtig ist. Die Gemeinde kam in den vergangenen zehn Jahren auf einen jährlichen Hiebsatz von rund 25.000 Festmetern, der sich aufgrund von Sturmereignissen voraussichtlich auf unter 20.000 Festmeter reduzieren wird.

Auf den zerstörten Flächen muss die Gemeinde umfangreiche Kulturmaßnahmen und Pflegeaufwendungen stemmen. „Da unsere Erlöse derzeit eher unterdurchschnittlich ausfallen, untersuchen wir die Strukturen unseres Forstbetriebs genau“, erklärt Ruf. In der Verwaltung ist man sich aber bewusst, dass der Naturschutz bei allen ökonomischen Überlegungen nicht zu kurz kommen darf. „Der Wald hat für die Gemeinde Baiersbronn eine hohe Bedeutung“, betont Ruf. Daher sei es eine „Kardinalpflicht“, den Nachhhaltigkeitsgrundsatz zu verfolgen und die „Ressource Wald“ zu erhalten.

Für die Zukunft sieht die Gemeinde sich gut vorbereitet. „Unsere Forsteinrichtung umfasst sämtliche Prozesse der Waldwirtschaft und stellt alle Waldfunktionen sicher“, bekräftigt Ruf. „Die Weiterentwicklung des Gemeindewalds ist an unseren Zielen ausgerichtet und verläuft stets innerhalb der Nachhaltigkeitsgrenze.

Andreas Scholz

Der Autor
Andreas Scholz, Schwäbisch Hall, ist freier Journalist