Individuelle Lösung

Möglichkeiten des baulichen Schallschutzes an Lärmquellen wie Straßen oder Bahnstrecken gibt es viele. Welches der Systeme infrage kommt, hängt von den schallschutztechnischen Anforderungen, dem Platzbedarf am Standort und nicht zuletzt von den gestalterischen Wünschen der Anwohner ab.

 

Mit Lärmschutz im innerstädtischen Bereich befassen sich die Städteplaner und Landschaftsarchitekten, wenn im Rahmen eines Bebauungsplans Lärmschutz gefordert wird. Bevor eine Straße neu errichtet oder umgebaut wird, muss die Kommune oder der Investor eine Lärmuntersuchung durchführen. Das gilt auch für die Realisierung von Neubaugebieten, da diese immer näher an einer bestehenden Lärmquelle errichtet werden sollen. Lärmquellen sind unter anderem viel befahrene Straßen, ein Gewerbegebiet sowie eine Bahnstrecke.

Auch Gewerbetreibende und Supermärkte bekommen hohe Auflagen für den Lärmschutz. Das betrifft zum Beispiel den Lieferverkehr in der Zeit der Nachtruhe zwischen 22 bis 6 Uhr. Für Logistikzentren fordern die schallschutztechnischen Berechnungen manchmal bis zu neun Meter hohe Lärmschutzwände. In einem Gewerbegebiet ist dies noch machbar, aber in der Stadt? Hier eignen sich Kombilösungen mit Schallschutzfenstern in den oberen Bereichen sowie Lärmschutzwände für die unteren zu schützenden Stockwerke.

Optisch hochwertig

Für einige Neubaugebiete reicht das Aufschütten eines Lärmschutzwalles. Dieser wird oft mit vorhandenen Bodenmassen am Rand des Baugebiets erstellt. Er dient zugleich als grüne Ausgleichsfläche für die Bautätigkeit. Aber was tun, wenn der Platz nicht vorhanden oder der Baugrund dafür zu teuer ist? Dann sind schmale, standortspezifische Lösungen in Form einer Wand gefragt, deren Ausführung sich nach der technischen Anforderung (schallreflektierend / schallabsorbierend) und dem Gestaltungswunsch richtet. Eine einfache Lärmschutzwand aus Beton oder Aluminium wird vielfach als nicht mehr passend betrachtet. Ökologische oder begrünte Lärmschutzsysteme hingegen können eine optisch hochwertige Lösung sein, die auch noch die Schallanforderungen erfüllen. Auch steinbefüllte Körbe (Gabionen) mit Lärmschutzfunktion sind seit den letzten Jahren stark im Kommen.

Beim Neubau einer innerstädtischen Verbindungsstraße in Viersen (Nordrhein-Westfalen) wurde ein grünes Konzept gewählt. Obwohl in der Stadt wenig Platz vorhanden ist, wurde die Fahrbahn durch einen Grünstreifen sowie mehrere grüne Verkehrsinseln vom Geh- und Radweg abgetrennt. Für den Lärmschutz wählten Planer und Anlieger eine grüne Wand. Diese besteht aus einem vertikalen System, das extensiv begrünt wird. Damit die etwa 200 Meter lange Wand nicht eintönig wirkt, wurden abwechselnd zwei verschiedene Systeme eingesetzt. Zum einen die Lärmschutzwand Kokowall HA-A3 in Kokosoptik, zum anderen das Gitterdämmsystem Planta Basic. Beide Module sind optimal für Kletterpflanzen geeignet. Nach einigen Jahren wird die Lärmschutzwand komplett begrünt sein. Das Pflanzensortiment sorgt durch die Blütenfarben oder rotes Herbstlaub für Abwechslung. Im Winter bleibt ein Großteil der Lärmschutzwand mit Efeu noch grün.

Gabionen mit Absorbermatte

In Hamburg sollte ein Sportverein umgesiedelt werden. Auf dem neuen Platz sind die Lärmschutzvorgaben eindeutig. Eine bis zu 4,50 Meter hohe Schallschutzvorkehrung war nötig. Da genügend Platz vorhanden war, wurde ein Erdwall geschüttet. An einer Engstelle wurde eine Lärmschutzgabionenwand gebaut. Das sind Gitterkörbe, die mit Bruchsteinen befüllt werden und in deren Mitte eine Absorbermatte eingebaut ist. Ein reines steinbefülltes System hat keine ausreichenden Werte für ein Schalldämmaß über 24 dB(A) sowie für die Absorbtionswerte von 7 oder sogar 10 dB(A).

Bei Lärmschutzwänden in der Stadt gibt es öfter ein Problem mit Auffahrten zu Garagen oder abzweigenden Seitenstraßen und Geh- oder Radwegen. Einfach die Wand hier weglassen, bedeutet eine Schalllücke. Die Schallschutzwand verliert dadurch einen großen Teil ihrer Wirkung. Für einen Anschluss zum Geh- und Radweg wird dann die sogenannte Schallschleuse gebaut. Hier werden die Lärmschutzwände überlappend oder ums Eck gebaut. Wichtig dabei sind die Länge der Überlappung sowie die Durchgangsbreite. Bei höheren Wänden ist darauf zu achten, dass keine „Dunkelecken“ entstehen. Bei der Materialauswahl sind transparente Elemente eine Alternative. Dadurch behält der Fußgänger direkten Blick auf die anderen Verkehrsteilnehmer. Außerdem ist die Verwendung von anderen Materialien eine Anzeige dafür, dass sich hier etwas Besonderes befindet, etwa eine Ausfahrt.

In Elmshorn (Schleswig-Holstein) wurde eine Schallschleuse aus Lärmschutzgabionen gebaut. Für gute Lichtverhältnisse wurden drei Fenster integriert. Im weiteren Verlauf ist eine begrünte Lärmschutzwand (System Kokowall) gebaut. Das schafft Abwechslung zwischen harten (Steine) und weichen (Pflanzen) Materialien.

Bei höheren Lärmschutzwänden, die ganz nah an der Bebauung stehen, sind Licht und Schatten nicht außer Acht zu lassen. In Salzkotten wurde ein Einkaufszentrum mit Parkdeck errichtet. Für das benachbarte Gebäude war eine 8,50 Meter hohe Wand nötig. Sie zeichnet sich durch transparente und undurchsichtige Elemente aus, die vertikal kombiniert werden. Die Wand verdeckt die dahinterliegenden Häuser komplett. Durch die Lösung mit Milchglas gibt es keine Einsicht in die Gärten, aber es bleibt hell hinter der Wand. Durch die Kurven sind hier sogar die Stützen auf zwei Meter Achsmaß reduziert.

Ein Beispiel gemeinsamer Gestaltung von Anwohnern, Planer und Bauherr ist ein Projekt in Siegen. In Absprache mit dem einem Supermarktbetreiber wurden hier drei Systeme kombiniert. Holz als geschlossene Fläche, Milchglas lässt Licht hinter die Wand (ermöglicht aber keinen Durchblick), sowie komplett durchsichtiges Glas.

Kombinieren lassen sich auch Erdwälle und aufgesetzte Lärmschutzwände. In Wesel hat die Stadt sich hier für solch eine Lösung entschieden. Der Erdwall ist kostengünstig und kann den Platz voll ausnutzen. Die aufgesetzte Lärmschutzwand ist bepflanzbar und wird im Lauf der Jahre grün werden.

Richard Ooms

Der Autor
Richard Ooms ist Geschäftsführer von LBO Lärmschutz in Nordwalde