Aus Erfahrung gelernt

Das Dresdner Trinkwasser stammt aus dem Erzgebirge und aus der Elbe. Nach dem verheerenden Hochwasser im Jahr 2002 hat die Drewag (Stadtwerke Dresden) ihre Versorgungsanlagen besser vor Überflutung geschützt. Im sensiblen Stadtgebiet wurden kleinteilige Abwehrmöglichkeiten entwickelt.

 

Die sächsische Landeshauptstadt Dresden (rund 550.000 Einwohner) wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten von mehreren außergewöhnlichen Hochwasserereignissen getroffen. Das Elbehochwasser 2002 war das verheerendste und erregte weltweite Aufmerksamkeit. Das Besondere daran ist, dass dieses Ereignis eigentlich zwei Hochwasserereignisse waren, die jedoch unmittelbar zeitlich aufeinander erfolgten. Zuerst trat die Weißeritz aufgrund von langanhaltenden und ausgesprochen intensiven Niederschlägen im Erzgebirge über die Ufer und ließ ein Bild der Verwüstung an den Rändern ihres Flusslaufes zurück.

In Dresden selbst, in dem der Fluss in der Vergangenheit für die Stadterweiterung mehrfach umverlegt wurde, suchte er sein altes Bett, was dazu führte, dass die Innenstadt mit Zwinger und Semperoper vollständig überflutet wurde. Als die Weißeritz abgeflossen war, stieg die Elbe auf ihren historischen Höchststand von 9,40 Meter an und überschwemmte die Innenstadt erneut.

Unter diesen Umständen grenzt es an ein Wunder, dass während dieser Ereignisse zu jeder Zeit die Trinkwasserversorgung in Dresden sichergestellt werden konnte. Neben dem außergewöhnlichen Einsatz der Mitarbeiter, hat dies auch etwas mit der Topografie und Infrastruktur der Stadt zu tun. Dresden wird aus zwei sogenannten Dargeboten versorgt. Da ist zum einen das Wasserversorgungssystem, das aus Talsperren des Osterzgebirges sein Rohwasser bezieht. Als weiteres Dargebot wird die Elbe benutzt, bei der Rohwasser aus deren Uferfiltrat bezogen und aufbereitet wird.

Geschützt auf der Höhe

Die Wasserwerke der Drewag (Stadtwerke Dresden) beliefern die Stadt selbst und etwa weitere 120 000 Einwohner in den Umlandgemeinden. Der Wasserverbrauch ist seit der politischen Wende sehr stark gesunken und liegt gegenwärtig bei rund 97 Liter pro Einwohner und Tag. Damit hat Dresden unter den mittleren Großstädten in Deutschland den geringsten Wasserverbrauch.

Das größte Wasserwerk in Dresden-Coschütz, das die Rohwässer aus den Talsperren des Osterzgebirges aufbereitet, liegt topografisch in einem höher gelegenen Stadtteil. Das Wasser fließt von dort im Freigefälle in die Trinkwasserleitungen. Eine Gefahr der Überflutung durch ein Gewässer ist höchst unwahrscheinlich. Achillesverse ist die Rohwasserzuführung zum Wasserwerk, die fast zehn Kilometer über Stollen und Großrohrleitungen erfolgt, die wiederum durch Hochwasser gefährdet sind.

Zwei weitere Wasserwerke liegen an der Elbe und bereiten Uferfiltrat und Elbewasser direkt zu Trinkwasser auf. Beide Wasserwerke und vor allem die Fassungsanlagen liegen im Hochwasserbereich der Elbe. Die Wasserwerke selbst sind ab einem 50-jährlichen Hochwasser direkt gefährdet. Problematisch sind die unterirdischen Kanäle, Gänge und Abwasserleitungen in den Wasserwerken, die miteinander und auch zur Elbe hin verbunden sind. Diese Verbindungen trugen im Jahr 2002 auch dazu bei, dass die Wasserwerke durch eindringendes Wasser bereits weit vor dem Erreichen des Hochwasserscheitels überflutet wurden.

Der Schutz der Gebäude wurde danach auch dadurch verbessert, dass fehlende Abschottungen der Türen und Fenster nachgerüstet wurden. So sind heute alle Öffnungen in Gebäuden innerhalb der Hochwasserzone mit demontierbaren Dammbalken auf die Höhe eines 100-jährlichen Hochwassers geschützt. Nach wie vor bilden die Lichtschächte der Keller ein Problem, die jedoch durch örtlich angepasste Systeme oder Eigenbauten abgedichtet wurden. Alle Systeme wurden unter realen Bedingungen getestet, um im Ernstfall keine Überraschung zu erleben.

Einige Gebäude der 60er- bis 80er-Jahre, die in Leichtbauweise errichtet wurden, sind nicht ausreichend auftriebssicher. Auch durch Umbau der Gebäude oder durch den Ersatz von Maschinengruppen können solche Situationen entstehen. Dieses Problem wird oft nicht ernst genommen, denn durch die Abdichtung der Gebäude, die sonst geflutet würden, trat dieses Problem erst real auf. So musste die Maschinenhalle in einem Wasserwerk durch die nebenstehenden Fassungsanlagen geschützt werden, die während des Hochwasserereignisses auf Hochtouren liefen. Daher wurden alle Gebäude einer Auftriebsberechnung unterzogen und entsprechend baulich ertüchtigt.

Mobile technische Anlagen

Die sich im Überschwemmungsgebiet befindlichen Dosier-, Steuer- und Überwachungsanlagen wurden nach und nach mobil gemacht, das heißt sie wurden demontierbar gestaltet. Hier ist zu beachten, dass im Ernstfall genügend Manpower für die Demontage der Anlagenteile zur Verfügung steht. Für diese Umrüstung wurde zunächst ein Konzept erarbeitet. Die Lösungen reichten von Containern bis zu überflutbaren technischen Lösungen. Alle elektrotechnischen Bauteile wie Trafos und Verteiler wurden hochwassersicher gestaltet oder errichtet.

Die beiden Elbwasserwerke liegen im Stadtgebiet und sind Teil des Stadtbildes. Sie einfach mit einem Hochwasserschutzdeich zu schützen, ging bereits aus städtebaulichen Gründen nicht. Hierfür wurden kleinteilige Schutzmöglichkeiten entwickelt, die das Stadtbild nicht beeinträchtigen. Damit sind diese Anlagen auch mit wenig Personal gut zu verteidigen. Wichtig ist, dass die Anlagenbetreiber in die Prozesse einbezogen sind und sich mit den Maßnahmen identifizieren. Dann ist ein sicherer Schutz der Anlagen möglich und das Schadens­ausmaß gering.

Rüdiger Opitz

Der Autor
Rüdiger Opitz ist Abteilungsleiter Anlagenmanagement Trinkwasser/Fernwärme bei der Drewag-Netz in Dresden